Fast jeder hat diese Leuchterscheinung schon einmal am winterlichen Nachthimmel beobachtet: Wenn ein dünner Wolkenschleier vor dem Mond vorüberzieht, scheint er von einem hellen, blaßblau schimmernden „Hof“ umgeben zu sein. Bei genauerem Hinsehen kann man oft noch einen oder mehrere konzentrische Ringe erkennen, die in seltenen Fällen sogar deutlich voneinander abgesetzte Farbschichten haben können.
Wissenschaftlich wird ein solcher „Hof“ als „Aureole“, die Ringe als Kranz oder Korona bezeichnet. Aureolen und Koronen kommen zustande, wenn die Lichtstrahlen der Sonne oder des Mondes durch winzige Wassertröpfchen in der Atmosphäre gebeugt werden. Anders als beim Regenbogen dringen die Strahlen dabei nicht in die Tröpfchen ein, sondern werden um sie herumgeleitet. Dieses Phänomen tritt deshalb auch bei undurchsichtigen Eiskristallen oder sogar Staubkörnchen auf. Einzige Vorraussetzung: die Teilchen müssen klein genug sein.
Die Größe ist entscheidend
Einen ähnlichen Effekt kann man beobachten, wenn man eine Fensterscheibe anhaucht und durch sie hindurch auf eine Lampe oder Kerze blickt: Man sieht farbige konzentrische Ringe um die Lichtquelle. Die Lichtstrahlen der Lampe werden von den kleinen Tröpfchen des Kondenswassers auf der Scheibe je nach Wellenlänge unterschiedlich stark abgelenkt und dadurch in ihre einzelnen Farbkomponenten aufgeteilt.
Außerdem spielt auch die Größe der Tröpfchen eine wichtige Rolle: je kleiner die Partikel sind, desto größer ist der Durchmesser der entstehenden Beugungsringe. Haucht man zum Beispiel die Glasscheibe etwas stärker an, bilden sich größere Kondenswassertröpfchen und die Korona wird kleiner. Die Wasertröpfchen oder Eiskristalle in der Atmosphäre, die das Mond- oder Sonnenlicht auf dem Weg zur Erde beugen, müssen extrem klein sein, damit eine Aureole oder Korona entsteht, die wir überhaupt wahrnehmen können – ihre Größe liegt bei maximal 1/15 Millimeter. Die Wassertropfen, die einen Regenbogen entstehen lassen, sind im Verhältnis dazu mit mehreren Millimetern Durchmesser geradezu riesig.
Auch die Sonne kann eine Aureole tragen
Vielen nicht bekannt ist die Tatsache, daß Aureolen und Koronen nicht nur beim Mond auftreten, sondern auch die Sonne von solchen Leuchterscheinungen umgeben sein kann. Das blendende Licht der Sonne verhindert zwar eine direkte Beobachtung, indirekt kann man die Koronen aber im Spiegelbild der Sonne in einer Wasserfläche oder an einer Glasscheibe beobachten.
Da auch feine Staubteilchen das Licht beugen können, sind nach Vulkanausbrüchen Aureolen oder Kränze besonders häufig. Die durch die Eruption des indonesischen Vulkans Krakatau im Jahr 1883 in die Atmosphäre geschleuderten Staubpartikel erzeugten besonders deutliche Koronen. Da diese Staubteilchen eine Größe von nur wenigen Mikrometer hatten, waren die Ringe der Korona außergewöhnlich groß.
Nadja Podbregar