Es ist kurz nach halb elf abends. Langsam werden wir müde, die Glieder werden schwer. Wir entschließen uns, dem Schlafbedürfnis nachzugeben und gehen ins Bett. Gemütlich unter die Decke gekuschelt, schließen wir die Augen und beginnen, uns zu entspannen. Wir atmen tiefer und langsamer, die Gedanken beginnen zu schweifen. Noch nehmen wir gedämpft das Knarren einer Tür oder ein Knacken in der Heizung wahr, es scheint aber weit weg.
Im Gehirn wechselt in dieser Phase die Aktivität von konzentrierter Wachheit in den entspannten „Alpha-Zustand“. Das EEG zeigt nun ein regelmäßiges Muster von etwa acht bis zehn Wellen in der Sekunde, die so genannten Alpha-Wellen.
Das Einschlafen
Einige Minuten später beginnt sich dieses Muster zu verändern: Noch langsamere, flachere Wellen erscheinen und lösen allmählich die Alphawellen ab. Wir treten in den Halbschlaf, die erste Schlafphase ein. Unsere Muskeln erschlaffen, die Atmung wird flacher und der Puls sinkt. Manchmal zucken die Muskeln noch einmal und wir schrecken kurz auf, doch schon wenige Sekunden später sinken wir wieder in den Schlaf. Leise Geräusche in unserer Umgebung hören wir jetzt nicht mehr, der Vorhang, der unsere Sinne von unserem Bewusstsein abgrenzt, fällt.
Langsam verschwimmt unser geordnetes Denken, nur noch bruchstückhaft und oft in wirrer Folge tauchen Bilder des Tages wieder auf. Diese Einschlafträume oder „hypnagogischen Halluzinationen“ greifen oft Eindrücke auf, die uns unmittelbar vor dem Einschlafen beschäftigt haben – sei es die bevorstehende Klausur oder das Wohlgefühl eines heißen Bades. In dieser Phase sind wir relativ leicht zu wecken – und wären dann der festen Überzeugung, noch gar nicht geschlafen zu haben.
In leichtem Schlaf
Nach etwa fünf Minuten ändert sich das Hirnstrommuster erneut: Die kleinen Thetawellen des ersten Schlafstadiums werden jetzt ab und zu von charakteristischen, nur knapp eine Sekunde andauernden Wellenstrukturen unterbrochen: Den K-Komplexen, einzelnen Pulsen mit einer viermal höheren Amplitude als die Thetawellen, und den Schlafspindeln, einer kurzzeitigen Beschleunigung der Thetawellen auf fast die doppelte Frequenz. Beide sind eindeutige Anzeichen dafür, dass wir Schlafstadium 2 erreicht haben.
Von den Vorgängen der Umgebung abgeschottet, treiben wir in einem leichten Schlaf. Auch in dieser Phase können wir träumen. Allerdings sind dies nicht die typischen lebendigen und komplexen Träume des eigentlichen Traumschlafs, sondern meistens kurze, eher rationale und Gedanken-ähnlichere Episoden. Würde man uns jetzt wecken, wüssten wir wahrscheinlich, dass wir geschlafen – und vielleicht auch geträumt haben.
Der Tiefschlaf
Nach zehn bis fünfzehn Minuten in der Schlafphase 2 bahnt sich ein weiterer Wechsel an: Das Abtauchen in den Tiefschlaf. Jetzt schlafen wir fest und sind auch durch lautere Geräusche kaum noch zu wecken. Herz und Atmung sind langsam und regelmäßig, unsere Muskeln fast vollständig entspannt. Während dieser Phase regeneriert sich unser Körper: Wachstumshormone werden ausgeschüttet, Zellen teilen sich und reparieren beschädigtes Gewebe, zellinterne Reparaturmechanismen bessern Schäden am Erbgut aus. Bei Jugendlichen findet jetzt der größte Wachstumsschub statt.
Auch im Gehirn ändert sich die Aktivität: Große, langsame, aber sehr regelmäßige Deltawellen beginnen, die Thetawellen des flachen Schlafes zu verdrängen. Zu Beginn des Tiefschlafs, in der Schlafphase 3, tauchen noch hin und wieder Schlafspindeln und K-Komplexe aus dem Meer der Deltawellen auf, doch wenige Minuten später sind auch sie vollständig verschluckt: Schlafphase 4, auch „Slow Wave Sleep“ genannt, beginnt und wird für etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde anhalten.
Wenn Schlafende wandeln
In dieser Phase träumen wir eher selten, wir befinden uns in einer Welt weit jenseits unseres Bewusstseins. Einige von uns werden jetzt aber dennoch aktiv: die Schlafwandler. Mit starrem Gesichtsausdruck und ins Leere blickenden Augen setzen sie sich im Bett auf, gehen durch die Wohnung, trinken, essen – ohne sich dessen bewusst zu sein und ohne sich hinterher daran zu erinnern.
Kinder beginnen in dieser Phase oft plötzlich zu schreien, wirken als wären sie in panischer Angst – und merken doch nichts davon. Ihre EEG-Wellen während dieses so genannten „Pavor nocturnus“ verraten, dass auch sie weder Alpträume haben noch richtig wach sind. Stattdessen oszillieren sie zwischen einem Halbwachzustand mit beschränkter Wahrnehmung und dem Schlaf hin und her. Zwar können sie die Muskeln bewegen, das Bewusstsein bleibt jedoch weiterhin abgeschaltet.
Der Traumschlaf der REM-Phase
Nach etwa einer halben Stunde im Tiefschlaf wandelt sich unser Schlaf erneut. Plötzlich beginnen unsere Augen, sich unter den geschlossenen Lidern ruckweise hin und her zu bewegen. Unsere restlichen willkürlichen Muskeln sind jedoch vollständig gelähmt, Bewegungen wären uns jetzt unmöglich.
Im Gehirn dagegen tut sich einiges: Die langsamen Deltawellen werden nun wieder von den niedrigeren, aber schnellen Thetawellen der ersten Schlafphase abgelöst, unterbrochen durch kurze Ausbrüche von Alphawellen, die eigentlich einen entspannten Wachzustand charakterisieren. In diesem Fall allerdings sind wir von echtem Wachsein weit entfernt: wir treten ein in die Welt der Träume.
Diese wegen ihrer schnellen Augenbewegungen auch REM-Schlaf („Rapid Eye Movement“) genannte Schlafphase ist der eigentliche Traumschlaf. Hier erleben wir die oft so bizarren, emotional gefärbten und sehr bildhaften Traumgeschichten. Werden wir jetzt aufgeweckt, erinnern wir uns meist daran, geträumt zu haben. Der Inhalt dieses Traums verblasst in der Erinnerung allerdings sehr schnell. Meist haben wir ihn schon Minuten später wieder vergessen, behalten allenfalls noch einzelne Bilder oder Gefühlseindrücke zurück.
Im Laufe der Nacht werden sich noch mehrfach REM-Schlaf, Tiefschlaf und leichter Schlaf abwechseln. Insgesamt verbringen wir rund 20 bis 25 Prozent unseres Nachtschlafs im Traumschlaf, weitere 20 bis 25 Prozent im Tiefschlaf. Die restliche Zeit herrscht der leichte Schlaf vor.