Zur Zeit ist es ruhig unter Europas größtem Gletscher, dem Vatnajökull. Mit bis zu 1000 Metern Dicke und einer Fläche von 8300 Quadratkilometern bedeckt er den Südosten Islands wie ein Eispanzer. Doch unter dem riesigen Eisschild brodelt es: Aus dem Erdinneren steigt hier heiße Magma an die Oberfläche und bildet Vulkane unter dem Eis.

Die Isländer leben im wahrsten Sinne des Wortes auf einem Pulverfass. Ihre Insel liegt direkt auf dem Mittelatlantischen Rücken, einer Nahtstelle in der Erdkruste. An ihr wird heisses Magma an die Oberfläche transportiert und bildet neuen Ozeanboden. Diese vulkanisch sehr aktive Zone liegt bis zu 3000 Metern unter dem Meeresspiegel. Auf Island tritt sie jedoch an die Oberfläche und die geologischen Prozesse, die zu einem Auseinanderdriften von Amerika und Europa führen, können hier von den Geologen direkt beobachtet werden.
Eines der vulkanischen Spaltensysteme des Mittelatlantischen Rückens liegt direkt unter der dicken Eisschicht des Vatnajökull. Die hier ständig aus den Tiefen der Erde aufsteigende Wärme schmilzt Eis von der Unterseite des Gletschers und füllt langsam die eingesenkten Krater – Calderen – der beiden „untereisischen“ Vulkane Grimsvötn und Bardarbunga. Alle fünf bis zehn Jahre sind die Calderen vollgelaufen und das Wasser sucht sich entlang von Rinnen und Kanälen unter dem Eis einen Weg in die Ebene. Entwickeln sich daraus heftige Überschwemmungen sprechen die Isländer von einem „jökulhlaup“.
29. September 1996
Mit einem Erdbeben der Stärke 5 beginnt an diesem Tag um 10:48 Uhr eine Katastrophe. Mehrere Absenkungsbereiche im Gletschereis werden gesichtet, die auf ein intensives Abschmelzen am Untergrund hindeuten. Noch am Nachmittag des gleiche Tages werden nationale und internationale Luftfahrtgesellschaften vor einer in naher Zukunft bevorstehenden Eruption gewarnt. Am 2. Oktober schlägt die Eruption durch das Eis. Vulkanasche wird 500 Meter hoch in die Luft geschleudert und Rauchwolken steigen bis zu 3000 Meter in die Höhe.