Aus den USA und Kanada importiert, hat sich der so genannte Windchill-Faktor in den letzten Jahren auch bei uns immer mehr zum festen Bestandteil des winterlichen Wetterberichts entwickelt. Er gibt an, wie stark der Wärmeverlust unseres Körpers durch den Wind erhöht ist und gleichzeitig, wie stark wir die Kälte subjektiv empfinden.
Normalerweise umgibt eine Grenzschicht aus angewärmter Luft den Körper als isolierende Hülle und schützt ihn so zusätzlich vor Auskühlung. Wird sie durch Wind weggeblasen, muss der Körper mehr Energie aufwenden, um die Solltemperatur zu halten. Gleichzeitig verstärkt der Wind auch die kühlende Wirkung der Verdunstung. Als Folge erscheint uns die gleiche Lufttemperatur bei Wind kälter als bei Windstille oder an einem windgeschützten Ort.
Dass dieser Effekt auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten beruht und damit sogar berechenbar ist, fanden die beiden Polarforscher Paul Siple und Charles Passel auf einer Antarktisexpedition im Jahr 1939 heraus. Sie entwickelten eine erste „Windchill-Formel“, indem sie einen kleinen, mit Wasser gefüllten Plastikzylinder bei verschiedenen Temperaturen und Windgeschwindigkeiten vor ihr Zelt stellten und maßen, wie lange das Wasser zum Gefrieren brauchte.
Dummerweise hat ein dick in Wintersachen eingepackter Mensch nur sehr bedingt Ähnlichkeit mit einem kleinen Plastikzylinder. Da die alte Formel im Laufe der Jahre nur sehr wenig modifiziert wurde, war der mit ihr errechnete Windchill immer tendenziell zu stark.
Im Jahr 2001 haben deshalb kanadische und amerikanische Experten einen neuen Index entwickelt, bei dem nicht ein Plastikzylinder, sondern Winterkleidung tragende Freiwillige in einem Windkanal das Maß der Dinge waren. Mithilfe von Sensoren wurde ihr Wärmeverlust bei unterschiedlichen Temperaturen, Feuchtigkeiten und Windgeschwindigkeiten gemessen und als Basis für eine neue Formel genutzt. Im Prinzip ist diesesModell damit nichts anderes als einer Art „amerikanischer Vetter“ des deutschen „Klima-Michel“.
Stand: 16.04.2004