Wie wichtig Empathie für unser soziales Zusammenleben ist, zeigt sich vor allem dann, wenn diese Fähigkeit eingeschränkt ist – zum Beispiel bei autistischen Menschen. Ein Mangel an Einfühlungsvermögen und Mitgefühl gilt als zentrales Merkmal von Entwicklungsstörungen wie dem Asperger-Syndrom und anderen Erkrankungen aus dem Autismus-Spektrum.
Betroffene haben im Alltag nachweislich Schwierigkeiten damit, sich in die Gefühlslage ihre Mitmenschen hineinzuversetzen. Gesten oder Gesichtsausdrücke wie ein Lächeln sagen ihnen oftmals nichts. Als Folge wirken sie im sozialen Miteinander häufig teilnahmslos und verhalten sich „unpassend“.
Unklare soziale Zeichen
Das bedeutet aber nicht, dass Autisten grundsätzlich unfähig zu Mitgefühl sind. Wie Forscher um Isabel Dziobek vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin vor einigen Jahren herausgefunden haben, können Patienten mit Asperger-Syndrom durchaus mit anderen mitfühlen – wenn man ihnen erklärt, wie es diesen Menschen geht.
Erhielten die Betroffenen im Test eine konkrete Beschreibung der Gefühle der anderen, reagierten sie anders als sonst emotional adäquat. Mitgefühl und Anteilnahme waren in der Autismus-Gruppe in diesem Fall ebenso ausgeprägt wie in der Kontrollgruppe. Dies deutet nach Ansicht des Teams darauf hin, dass Menschen aus dem Autismus-Spektrum lediglich die sozialen Zeichen schlechter deuten können, die unser Inneres nach außen tragen.
Ein „Schalter“ fürs Mitgefühl
Anders scheint die Situation bei Psychopathen zu sein – Menschen, denen gemeinhin ebenfalls eine mangelnde Empathiefähigkeit attestiert wird. Experimente zeigen, dass sich viele psychopathisch veranlagte Personen sehr wohl in ihr Gegenüber hineinversetzen können. Sie verstehen demnach häufig gut, was gedanklich in einem Menschen vor sich geht und wie es diesem emotional geht.
Trotz ihres Verständnisses für die Gefühlslage des anderen übernehmen Psychopathen diese Emotionen jedoch nicht automatisch. Sie besitzen eine Art Schalter fürs Mitgefühl und fühlen nur dann mit, wenn sie es sich bewusst vornehmen. Eine gefährliche Eigenschaft: Serienkiller und andere „dunkle Persönlichkeiten“, die sich dem Mitleiden zu entziehen vermögen, können das Wissen um die Gefühle anderer nutzen, ohne sich durch Mitgefühl ablenken zu lassen. Zudem werden sie nicht mit den emotionalen Folgen ihres Tuns wie Schuld- oder Schamgefühlen belastet.