Beeindruckend sind die Dimensionen von „Vater Rhein“, Deutschlands längstem Fluss. Über 1.300 Kilometer erstreckt er sich von der Quelle in den Schweizer Alpen bis zur Mündung in den Niederlanden. Entsprechend riesig ist auch sein Einzugsgebiet: Die Niederschläge auf einer Fläche von 185.000 Quadratkilometern – was in etwa einem Drittel der Fläche der Bundesrepublik entspricht – fließen in den Rhein. Kein Wunder also, dass der Rhein der wasserreichste Fluss Deutschlands ist. Kurz vor der niederländischen Grenze beträgt sein mittlerer Abfluss 2.230 Kubikmeter pro Sekunde. Und beim letzten Hochwasser 1995 waren es sogar 11.000 Kubikmeter pro Sekunde, was dem täglichen Trinkwasserverbrauch von 80.000 Menschen entspricht.
Bei Hochwasser ist dies selbst dem Rhein zuviel. Dann kommt es wie auf einer verstopften Autobahn zum Stau: Die enormen Wassermassen können nicht schnell genug wegtransportiert werden und der Pegel steigt. Doch hierzu kommt es nur unter besonderen Witterungsverhältnissen: Bei zu viel Regen oder rasch einsetzendem Tauwetter. Denn am Rhein werden zwei verschiedene Hochwasser unterschieden: Im Winter und Frühjahr kann eine Kombination aus Schneeschmelze und Regenfällen zur Flut führen, während hingegen im Sommer ausschließlich Starkregenfälle verantwortlich sind.
Winterhochwasser
Wenn sich im Winter der Schnee in den Alpen und den Mittelgebirgen meterhoch auftürmt, so freut dies zunächst die Skifahrer. Doch bei einem Warmlufteinbruch kann sich die dort einsetzende Schneeschmelze bereits Tage später und mehrere hundert Kilometer weiter im Norden als Hochwasser bemerkbar machen. Denn Schnee ist zunächst nichts anderes, als der in fester Form liegen gebliebene Regen des gesamten Winters. Bei steigenden Temperaturen werden die durchschnittlich drei Monate gesammelten Niederschläge in relativ kurzer Zeit freigesetzt. Da die Böden zudem noch gefroren oder bereits stark durchfeuchtet sind, kann das Wasser kaum versickern und fließt daher schnell in die Flüsse ab. Fallen zudem noch durch atlantische Tiefdruckgebiete heftige Niederschläge, ist der Rhein schnell überfordert: Es fließt mehr Wasser zu, als er transportieren kann. Es kommt zum Hochwasser.
Sommerhochwasser
Die Hochwasser im Sommer sind etwas seltener, aber nicht weniger bedrohlich. Denn was am Rhein schon länger nicht mehr eintrat, dürfte allen noch eindrucksvoll vom Elbehochwasser 2002 oder der Oderflut 1997 in Erinnerung sein. Der Übeltäter trägt eine unscheinbare Bezeichnung: Wetterlage Vb. Hierbei ziehen atlantische Tiefdruckgebiete zunächst Richtung Mittelmeer. Nachdem sich die Luftmassen dort aufgewärmt und mit Wasserdampf voll gesaugt haben, werden diese warm-feuchten Luftmassen anschließend östlich oder westlich um die Alpen herum nach Deutschland geführt. Und sobald sie dort auf kühlere, aus Westen und Norden kommende Luftmassen treffen, werden die Wassermassen aus dem Mittelmeer wieder abgegeben. Sintflutartige Regenfälle sind die Folge.
Wie hoch letztendlich die Fluten steigen, hängt von der Wechselwirkung der Faktoren Zeit, Menge der Niederschläge, dem Zustand des Flussbettes und der Wasserführung der Nebenflüsse ab. Denn jeder Wasserstau im Fluss bildet zunächst eine so genannte Abflusswelle, einen Berg aus Wasser, dessen Scheitelpunkt mit der Strömung des Flusses wandert. Treffen diese Flutberge aus mehreren Zuflüssen wie Neckar, Mosel oder Sieg im Rhein aufeinander, so addieren sich ihre Wassermassen zu einer immer höheren Abflusswelle.
Als Faustregel gilt: Regnet es sehr heftig, steigen die Temperaturen rasch, und hat es im Winter sehr viel geschneit, und trifft das alles auch noch auf das gesamte Einzugsgebiet des Rheins zu, dann entsteht ein besonders starkes Hochwasser.
Stand: 12.02.2004