Gefahr kann unserer Leber auch von Krankheitserregern drohen. Ihre Vorstufe, die Entzündung der Leber (Hepatitis), wird in etwa einem Drittel der Fälle durch Viren hervorgerufen. Das können zum Beispiel die gleichnamigen Hepatitis-Viren sein, aber auch das Gelbfieber-Virus und Circoviren.
Warum verfärbt sich bei Gelbsucht die Haut?
Das bekannteste Symptom einer viralen Leberentzündung, einer Zirrhose oder anderen Lebererkrankung ist die Gelbsucht (Ikterus). Umgangssprachlich wird dies oft mit einer Hepatitis gleichgesetzt, tatsächlich kann Gelbsucht aber auch andere Ursachen haben, etwa eine Entzündung der Gallenwege oder eine Blutstörung. Typisch für sie ist eine Gelbfärbung der Haut, der Schleimhäute und der Lederhaut der Augen sowie der inneren Organe.
Die gelbe Farbe entsteht, wenn sich Bilirubin in den Geweben ablagert. Dieser Farbstoff ist ein natürliches Abbauprodukt des roten Farbstoffs Hämoglobin aus den roten Blutkörperchen. Wenn die Leber nicht richtig funktioniert, kann sie das beim Abbau der ausgedienten roten Blutkörperchen anfallende Bilirubin nicht wie gewohnt zersetzen und über Urin und Stuhl entsorgen. Dadurch verteilt sich der Farbstoff mit dem Blut im Körper und lagert sich ab; der Urin wird stattdessen dunkler und der Stuhl heller.
Das ABC der Hepatitis-Viren
Zurzeit sind fünf Hepatitis-Viren bekannt, die mit den Buchstaben A bis E bezeichnet werden. Sie können unterschiedlich schwere Entzündungen der Leber auslösen, die teils sehr gut, teils kaum behandelbar sind. Die Übertragung erfolgt meist über Kontakt mit infiziertem Blut, teils auch über verunreinigte Lebensmittel oder beim Geschlechtsverkehr. Die fünf Viren unterscheiden sich auch in ihrem Verbreitungsgebiet.
Hepatitis B und C sind die häufigsten der fünf Erreger. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO leben mehr als 350 Millionen Menschen mit einer chronischen Infektion durch Hepatitis B oder C. Über eine Millionen Menschen sterben jährlich daran – mehr als bei Tuberkulose, Aids oder Malaria. Die virale Hepatitis ist damit eine der häufigsten und tödlichsten Infektionskrankheiten weltweit.
Hepatitis C und B
Allein mit dem Hepatitis C Virus (HCV) sind weltweit etwa 100 Millionen Menschen infiziert. Diese Viren vermehren sich in Leberzellen besonders gut. Etwa 70 Millionen und damit weit über die Hälfte der Infizierten entwickeln in der Folge eine chronische Leberentzündung, die nur schwer behandelt werden kann. Diese kann zwar häufig symptomfrei verlaufen und von den Betroffenen kaum bemerkt werden. In etwa 20 Prozent der chronischen Fälle kommt es allerdings zu einer Zirrhose und in einem bis fünf Prozent der Fälle wird die Leber so stark geschädigt, dass der Infizierte eine Lebertransplantation braucht, um nicht zu sterben. Einen Impfstoff oder andere Vorsorge gegen Hepatitis C gibt es bislang nicht, Forschende arbeiten aber daran.
Mit dem hochansteckenden Hepatitis B Virus (HBV) sind in Deutschland Schätzungen zufolge etwa 500.000 bis 650.000 Menschen infiziert, wobei die Dunkelziffer hoch ist. Weltweit könnten laut WHO sogar zwei Milliarden Menschen davon betroffen sein, mindestens jedoch rund 300 Millionen – häufig ohne es zu wissen. Diese Infektion ist damit deutlich häufiger als die mit HCV, führt aber seltener zu chronischen Leberschäden. Tückisch ist sie deshalb, weil sie ebenso wie bei HCV meist schleichend verläuft und die klassische Gelbsucht ausbleibt. Hepatitis B ist nicht heilbar, kann aber sehr gut behandelt oder durch eine Impfung verhindert werden.
Leberkrebs durch Hepatitis-Viren
Eine Leberentzündung infolge einer Infektion mit den Hepatitis-Viren B und C ist auch häufiger Auslöser von Leberkrebs. Besonders schwer verläuft diese Krankheit, wenn die Leberzellen mit beiden Viren infiziert sind, was bei etwa 20 Prozent der Infizierten vorkommt. Die Leberzellen schütten bei einer solchen Infektion vermehrt Botenstoffe aus der Gruppe der Lymphotoxine aus, die Tumorentwicklung fördern, wie Forscher festgestellt haben. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine erhöhte Lymphotoxin-Produktion in der Leber wesentlich zur chronischen Leberentzündung und der daraus folgenden Krebsbildung beiträgt”, sagte Mathias Heikenwälder von der Universität Zürich.
Andere Hepatitis-Viren
Die Hepatitis Delta kann nur als Koinfektion mit der Hepatitis B auftreten, da das Hepatitis D-Virus (HDV) die Hülle des HB-Virus braucht, um die Leberzellen zu befallen. Wie häufig sie vorkommt, welchen Schaden sie anrichtet und ob sie behandelt werden kann, ist nicht gut untersucht. Gleiches gilt für die Hepatitis E.
An Hepatitis A (HAV) erkranken weltweit jährlich 1,4 Millionen Menschen, vor allem über kontaminiertes Wasser und Lebensmittel. Allerdings muss diese Infektion meist nicht behandelt werden, weil die Symptome wie Fieber und Durchfall in der Regel von alleine abklingen. Bei Kindern verläuft sie sogar meist symptomfrei. Nur sehr selten kommt es zu Leberversagen durch HAV. Ein Impfstoff ist vorhanden und kann die Erkrankung verhindern.
Circoviren – neuer Erreger entdeckt
Erst Anfang 2023 haben Forschende bei einer jungen Patientin einen weiteren viralen Erreger von Lebererkrankungen wie Hepatitis entdeckt. Die „humane Circovirus-1“, kurz HCirV-1, getaufte Art gehört zu den Circoviren mit kreisförmiger DNA. Diese Virengruppe ist dafür bekannt, Krankheiten bei Vögeln und Schweinen auszulösen, für uns Menschen galt sie zuvor als harmlos.
„Wir vermuten, dass HCirV-1 zwar tierischen Ursprungs ist, aber möglicherweise durch ein Nahrungsmittel übertragen wurde, ähnlich wie das Hepatitis-E-Virus“, berichtete das Team um Philippe Pérot vom Institut Pasteur in Paris. Ob dieser Erreger auch von Mensch zu Mensch übertragen werden kann, ist noch unklar. Die Entdecker gehen aber davon aus, dass das neue Virus auch bei anderen Patienten für noch unerklärte Fälle von Hepatitis verantwortlich sein könnte.
Wenn harmlose Viren plötzlich gefährlich werden
Für Aufsehen sorgte jüngst eine rätselhafte Hepatitis-Epidemie in Europa, die Anfang 2022 hunderte Kinder traf. Auch im Frühjahr und Sommer 2020 erkrankten in Europa und Nordamerika ungewöhnlich viele Kinder an einer Leberentzündung. Vor allem bei den Kleinkindern war die Leber meist so stark entzündet, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten, wie das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) berichtete. Bei den Kindern konnte jedoch keiner der bekannten Auslöser entdeckt werden. Als mögliche alternative Ursache diskutierten die Behörden eine Infektion mit Adenoviren.
Anfang 2023 entdeckten gleich drei Forschungsgruppen, dass die betroffenen Kinder tatsächlich mit einem solchen gängigen Virus infiziert waren, dem Adeno-assoziierten Virus AAV2. „Wir waren überrascht, dass die rätselhaften Infektionen nicht durch ein unbekanntes, neu aufgetretenes Virus verursacht wurden, sondern offenbar durch bei Kindern häufig vorkommende Erreger“, sagt Charles Chiu von der University of California in San Francisco. Doch in Kombination mit weiteren Viren und dem durch die Lockdowns geschwächten Immunsystem der Kinder könnte dieses ansonsten harmlose Erkältungsvirus tatsächlich die schweren Leberentzündung verursacht haben, schlossen die Forschenden.
Gelbfieber und Parasiten
Auch das vor allem in Südamerika und Afrika vorkommende Gelbfieber-Virus kann die Leber befallen. Es gehört zu den Flaviviren und wird vor allem durch die Gelbfiebermücke Aedes aegypti übertragen. Die meisten Infizierten leiden zwar nur ein paar Tage unter Fieber, Übelkeit und Schmerzen und genesen von alleine wieder. Bei etwa jedem Sechsten kommt es jedoch infolge der Infektion zu einer leichten Gelbsucht, inneren Blutungen und hohem Fieber, daher der etwas irreführende Name Gelbfieber. Die WHO schätzt, dass jährlich rund 200.000 Menschen an Gelbfieber erkranken und rund 60.000 daran sterben. Eine Gelbfieber-Impfung kann die Infektion jedoch verhindern.
Neben Viren kann unsere Leber in seltenen Fällen auch durch Parasiten geschädigt werden. Dazu zählen der Fuchsbandwurm und Hundebandwurm, die in unsere Leber schwammartige Gewebe bilden können. Ebenso wie Tumore bleiben diese Wucherungen oft jahrelang unbemerkt. Manchmal lösen sie eine Gelbsucht aus. „Die Parasiten-Eier können durch Füchse, Hunde oder Katzen auf uns Menschen übertragen werden. Der genaue Übertragungsweg ist allerdings unbekannt“, so der BDI.