Was aber passiert, wenn es durch den Einsatz eines solchen Verfahrens zu extremen Wetterveränderungen in anderen Regionen der Welt kommt – etwa zu Kälteeinbrüchen oder Starkregen und in Folge zu Missernten, Überflutungen oder anderen fatalen Folgen? Mit diesen Fragen muss sich David Reichwein ebenfalls beschäftigen.
Denn in einem solchen Fall benötige man auch rechtliche Grundlagen, nach denen Ansprüche auf Schadenersatz oder Kompensation für jene, deren Lebensraum durch Manipulationen des Klimas in Mitleidenschaft gezogen wurde, geklärt werden können. Selbst wenn Letzteres in einem völkerrechtlichen Vertrag zwischen den beteiligten Akteuren geregelt sein sollte, bleibe immer noch grundsätzlich zu klären, wie im Umgang mit Risiken und Unsicherheiten generell rechtlich zu verfahren sei.
Nachhilfe in Klimagrundlagen
Mit seiner Arbeit will der Völkerrechtler dazu beitragen, zumindest auf der Rechtsebene für klarere Verhältnisse zu sorgen. Seit Dezember 2009 befasst er sich neben der juristischen Lektüre mit den naturwissenschaftlichen Grundlagen von Climate Engineering. Das sei zuweilen harte Kost, kommentiert er seine Bemühungen, sein naturwissenschaftlich-technisches Wissen auf den Stand der Dinge zu bringen. Sehr erhellend seien da die Gespräche und Workshops mit den anderen Doktoranden des Marsilius-Projekts, die im Abstand von zwei Wochen stattfinden. „Da werden viele meiner Fragen beantwortet. Die Herangehensweise aus unterschiedlichen Blickwinkeln ist hilfreich und spannend“, sagt Reichwein.
Die offenen völkerrechtlichen Fragestellungen muss er allerdings im Alleingang bearbeiten. „Ich muss dabei zwischen den unterschiedlichen angedachten Maßnahmen differenzieren“, beschreibt er seine Vorgehensweise. So gehe es darum, rechtlich zu bewerten, ob bereits bestehende völkerrechtliche Verträge oder das Völkergewohnheitsrecht die gezielte aktive Klimabeeinflussung untersagen oder andere rechtlich verbindliche Aussagen über sie treffen.
Gegen die Konventionen?
„Für den Einsatz von Schwefelsulfiten in der Stratosphäre sind unter anderem die ENMOD-Konvention, das Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung sowie das Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht zu beachten“, nennt Reichwein einige Beispiele aus bestehendem Recht, die zumindest teilweise auf Geo Engineering zutreffen. Den Maßnahmen der Eisendüngung könnten unter anderem die London- Konvention – ein Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen –, die UN-Seerechtskonvention und das Abkommen über die biologische Vielfalt entgegenstehen.
David Reichwein: „Zu beachten ist ebenfalls das völkergewohnheitsrechtliche Verbot der grenzüberschreitenden Umweltbeeinträchtigung. Das untersagt jedem Staat, auf seinem Territorium Aktivitäten zu entfalten oder zuzulassen, von denen erhebliche grenzüberschreitende Umweltbeeinträchtigungen ausgehen können.“
MaxPlanckForschung 2/2010 / Birgit Fenzel
Stand: 19.11.2010