Stundenlang sind die NABU-Wolfsscouts jetzt schon in der winterlichen Kälte unterwegs. Die Bedingungen sind ideal: Vergangene Nacht hat es geschneit. Die Köpfe sind gesenkt und ihre Blicke tasten den Boden ab. Denn was sie suchen, ist kaum größer als zehn Zentimeter: Wolfsspuren.
Spuren im Schnee
Viele Menschen fürchten den Wolf und einige Jäger würden das Tier beim ersten Anblick am liebsten sofort erschießen, doch die „Wolfscouts“ suchen regelrecht die Begegnung mit dem Raubtier. Doch wie verläuft ein Treffen zwischen Wolf und Mensch?
In freier Wildbahn ist es fast unmöglich zufällig einem Wolf zu begegnen. Die Tiere sind extrem menschenscheu und verschwinden sofort, wenn sie jemanden aus der Ferne wittern. Haben die Fährtensucher endlich einen Abdruck entdeckt, versuchen sie daher der Spur zu folgen oder sich auf die Lauer zu legen. Angst brauchen sie nicht zu haben: Ein gesunder Wolf greift keinen Menschen an. Seine Furcht vor den Zweibeinern ist viel größer als jegliche Neugier oder Angriffslust.
Berichte über angebliche Wolfsattacken beruhen meist auf einem Missverständnis, denn viele der Übergriffe werden von Wolf-Hund Mischlingen begangen, da diese weit weniger Angst vor Menschen haben. Dennoch: Wie jedes andere Tier kann auch der Wolf gefährlich für den Menschen werden, wenn er Tollwut hat.
Doch was tun die Wolfsscouts, wenn es endlich zu der Begegnung mit Isegrim kommt? Sie machen vor allem eins: Sie bleiben ruhig. Die Wolfsbeobachter bleiben in einigem Abstand still stehen und sprechen den Wolf mit ruhiger Stimme an. Danach dauert der magische Augenblick selten länger als eine Sekunde und ist doch oft der Beginn einer langen Sehnsucht bis zur nächsten Begegnung.
Eine Reise in die Wildnis
Wer die Wölfe in ihrer natürlichen Umgebung erforschen will, muss dorthin reisen, wo noch viele Wölfe leben. Nach Kanada oder Alaska etwa, wo die Wölfe noch so zahlreich sind wie sonst nirgendwo. Dieser Wolfstourismus und die Suche nach Wölfen ist keineswegs ein Entspannungsurlaub. Die Tagestouren in die Wälder sind sehr anstrengend und bieten abends oft nur ein kaltes Zelt. Doch durch ihre Erfahrungen werden die Teilnehmer meistens entschädigt: Sie folgen den Wolfsspuren, sehen oft noch anderes Wild, und als Krönung: vielleicht einen wilden Wolf in der Freiheit.
Doch der Wolfstourismus ist nicht unumstritten. Naturschützer befürchten, dass die Besucher den Naturraum zerstören oder die Tiere verschrecken könnten. Peter Sürth hat in Rumänien acht Jahre für das „Großwildprojekt der Karpaten“ Wolfsexkursionen geführt: „Nicht jede Art von Tourismus wäre nützlich. Nach Zielen von Nachhaltigkeit und Ökologie jedoch lassen sich Tagesexkursion ohne zu große Belastung für das natürliche Umfeld durchführen. Und die Auswirkungen des Tourismus sind nicht zu verachten: Jeder Tourist hat danach ein positives Image über den Wolf und die Einnahmen helfen, die Arbeit am Wolf fortzusetzen.“ Denn besonders in ärmeren Ländern wie Rumänien sind die Wissenschaftler auf das Geld der Touristen angewiesen, um ihr Projekte zur Erforschung und dem Schutz der Wölfe fortzusetzen.
Stand: 30.09.2005