Obwohl männliche und weibliche Tiere gleichermaßen den Instinkt in sich tragen, gesunde Nachkommen zu zeugen, verfolgen die Geschlechter dabei unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien.
Quantität statt Qualität
Männchen müssen nur wenig Energie aufwenden, um viele Spermien zu produzieren. Zudem können sie im Verlauf ihres Lebens ständig frischen Nachschub dieser Keimzellen bilden. Deshalb verfolgen sie vorrangig die Strategie, möglichst viele ihrer Spermien „an die Frau“ zu bringen, damit auch viele Nachkommen ihre Gene tragen. Sie optimieren ihre Reproduktion also mit einer großen Zahl an Nachwuchs.
Dementsprechend suchen Männchen meistens möglichst viele Paarungspartner, auch wenn nicht alle ihrer Auserwählten den größten Fortpflanzungserfolg versprechen. Eine „Fehlinvestition“ in ein Weibchen, dass wenig oder schwache Nachkommen auf die Welt bringt, ist für das Männchen kaum ein Verlust – es kann sich meist schnell eine neue Partnerin suchen und weitere Spermien produzieren.
Und es gibt noch einen weiteren Ansporn, sich möglichst schnell häufig zu paaren: Leben die Männchen in einer Gruppe mit mehreren männlichen Artgenossen, stehen sie stets in Konkurrenz um die fruchtbaren Weibchen, denn alle Männchen verfolgen die gleiche Strategie. Je mehr Partnerinnen ein Tier befruchtet, desto weniger männliche Mitstreiter können ihm zuvor kommen, das Weibchen für die Zeit der Trächtigkeit unfruchtbar machen und ihr Erbgut weitergeben.
Das Weibchen sucht aus
Ganz anders ist es hingegen bei den Weibchen: Das Weibchen produziert mit verhältnismäßig großem Energieaufwand nur wenige Eizellen. Außerdem trägt es die Nachkommen aus und kümmert sich meist nach der Geburt um ihren Nachwuchs. Dieses hohe Investment macht die Weibchen sehr wählerisch: Sie suchen sorgfältig ihre Partner nach „Qualität“ aus und investieren in gesunde und starke Erzeuger, deren Nachkommen entsprechend überlebensfähig sind. Das soll garantieren, dass die Gene der Mutter im Genpool der Population erhalten bleiben.
Das erklärt auch, warum bei vielen Tierarten das Weibchen von seinen männlichen Bewerbern zur Paarung angelockt, umworben und umkämpft wird. Dahinter steckt nach Darwin der „Female-Choice-Mechanismus“: Die Angebetete entscheidet je nach Einsatz und Attraktivität ihrer männlichen Interessenten, ob sie eine Paarung eingeht. Wer nicht überzeugt, wird nicht auserwählt.
Wenn sich die Geschlechter unterscheiden
Um das Weibchen zu erobern, präsentieren sich die männliche Vertreter vieler Tierarten in voller Pracht: Entweder locken sie ihre potenziellen Partnerinnen zum Beispiel mit Nestern, Gesängen oder Tänzen an oder mit ihrem Aussehen. Ein großer Körperbau oder etwa ein prächtiges Federkleid beeindrucken die Damen oder schüchtern männliche Konkurrenten ein.
Im Laufe der Evolution entwickelten sich so oft äußerliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Viele Männchen, wie zum Beispiel Löwen, haben etwa einen größeren Körperbau als ihre weiblichen Artgenossen. Oder sie besitzen eine auffälligere Färbung, wie es bei Enten vorkommt, oder beispielsweise ein Geweih, während die Weibchen diese Merkmale nicht tragen. Ein weiteres Beispiel sind manche Insektenarten wie der Leuchtkäfer, bei dem die Weibchen verkürzte Flügel haben oder gar flügellos sind, während die Männchen voll flugfähig sind und auf Partnersuche gehen. Dabei sprechen Evolutionsbiologen vom Sexualdimorphismus.
Es geht auch umgekehrt
Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern können aber bei einigen Ausnahmen auch umgekehrt ausfallen: So sind vor allem bei vielen wirbellosen Tieren die Weibchen größer als die Männchen. Das hängt meist damit zusammen, dass die Weibchen viele Eier produzieren und dafür viel Energie benötigen.
Ähnliches gilt für Kröten: Männliche Kröten werben nicht mit ihrer Größe, sondern rufen mit ihren quakenden Lauten und kämpfen manchmal gegen ihre Mitstreiter. Haben sie ein Weibchen gefunden, trägt dieses das kleinere Männchen auf dem Rücken bis zum Laichplatz. Das Weibchen kann dank seiner Größe sehr viele Eier produzieren und in das Wasser ablegen, während das Männchen seine Spermien sofort mit seinen Hinterbeinen auf den Eiern verteilt. Bei den Männchen hätte eine größerer Körperbau deshalb keinen evolutiven Vorteil für die Partnerwahl und Fortpflanzung.
Noch seltener kommt es vor, dass die Weibchen die Männchen anlocken und sie dafür zum Beispiel ein Prachtkleid tragen. Goldschnepfen und Wassertreter sind aber solche Ausnahmen.