Mit den Wissenschaftlern Torsten Liebrecht und Johannes Müller vom Museum für Naturkunde in Berlin sowie Kollegen von der Universität Barcelona hat Sander vor kurzem eine detaillierte wissenschaftliche Beschreibung des Ur-Reptils veröffentlicht. Demnach handelt es sich um einen Saurier aus der Gruppe der Captorhinidae, genauer gesagt der Moradisaurier.
{1l}
Ein besonders urtümliches Reptil
„Diese Reptilien lebten vor den ersten Dinosauriern und bildeten eine eigene Linie“, erläutert der Bonner Paläontologe. Die Captorhinidae gehören zu den ältesten und ursprünglichsten Reptilien überhaupt. Sie lebten vor 300 bis 250 Millionen Jahren. Die Moradisaurier entwickelten sich wahrscheinlich erst gegen Ende dieser Zeit.
Nach den Rekonstruktionen der Forscher war allein der Kopf dieses echsenartigen Sauriers rund 40 Zentimeter lang. Die gesamte Körperlänge betrug geschätzt rund zwei Meter. „Das Tier war also deutlich größer als unsere heutigen Eidechsen“, sagt der Wissenschaftler. Gleichzeitig gehört der auf Mallorca gefundene Saurier damit auch zu den größten bisher bekannten Vertretern der Captorhinidae.
Pflanzenfresser mit „Zahnbatterie“
Der Moradisaurier war Landbewohner und krabbelte auf seinen vier Beinen umher. Der Ur-Saurier lebten damals in einer warmfeuchten Landschaft, die weitgehend aus Schachtelhalmen, Farnen und Nadelbäumen bestand. Das inzwischen vom Berliner Naturkundemuseum sehr schön präparierte Kieferfragment zeigt drei nebeneinander liegende Zahnreihen – eine „Zahnbatterie“, wie es die Wissenschaftler nennen.
Dieser Kau-Apparat ist ein Indiz dafür, dass die Tiere sich von Pflanzen ernährt haben. „Mit der Zahnbatterie konnten die Moradisaurier vor allem sehr harte und faserhaltige Pflanzen zerkleinern“, sagt Sander. Wahrscheinlich standen jedoch auch Insekten auf dem Speiseplan.
Bewohner von Pangäa
In den USA, in Afrika, China und Russland wurden ähnliche Moradisaurier gefunden. Was auch nicht verwunderlich ist, denn vor 260 Millionen Jahren war Mallorca noch keine Insel, sondern Teil des Superkontinents Pangäa. Sämtliche Landmassen waren damals in diesem Kontinent vereint, weshalb sich die landlebenden Ur-Saurier ausbreiten und in verschiedenen Regionen eigene Entwicklungen durchlaufen konnten.
Glücklicherweise ist das Kieferfragment des Sauriers überliefert. „Mir war schon von Anfang an klar, dass es sich dabei um etwas Besonderes handelt“, sagt die heute 80-jährige Lieselotte Hannen. Ohne ihre Vorliebe für Steine wäre dieses Fossil vielleicht nie gefunden und beschrieben worden.
Johannes Seiler / forsch – Universität Bonn, Frühjahr 2017
Stand: 11.08.2017