Anthropogeographie

Wer war der Tote?

Ötzis Aussehen und Gesundheit

Eher schmächtig: Ötzi war zu Lebzeiten nur rund 1,60 Meter groß - hier eine Rekonstruktion © Südtiroler Archäologiemuseum/ A. Ochsenreiter

Beim Fund einer Leiche ist eine der ersten Fragen: Wer ist der Tote? Das gilt auch für den berühmten Mann aus dem Eis. In den 25 Jahren seit seiner Entdeckung haben Forscher die Eismumie daher nach allen Regeln der Kunst untersucht, durchleuchtet und sogar sein Erbgut sequenziert, um mehr über Aussehen, Herkunft und Lebensweise von Ötzi herauszufinden.

Schmächtig und jenseits der besten Jahre

Ötzi war nach heutigen Maßstäben eher schmächtig: Gerade einmal 1,60 Meter war der kupferzeitliche Mann zu Lebzeiten groß. Er war zudem eher schlank, hatte Schuhgröße 38 und wog wahrscheinlich nur um die 50 Kilogramm. Damit jedoch lag Ötzi zu seiner Zeit durchaus im Durchschnitt. Denn die Menschen am Ende der Jungsteinzeit waren – auch aufgrund ihres harten Lebens – deutlich kleiner als wir Wohlstandsbürger der Neuzeit.

Aus seiner Knochenstruktur schließen Forscher, dass Ötzi bei seinem Tod etwa 45 Jahre alt war. Heute wäre er damit gerade einmal in seiner Midlife-Crisis, in der Kupferzeit jedoch war dies schon ein relativ hohes Alter. Ötzi gehörte wahrscheinlich sogar zu den Ältesten seines Stammes – und das sieht man seinen Überresten auch an.

Blick auf die rechte Seite der Zahnreihen (3D-Rekonstruktion). © Universität Zürich

Nicht wirklich gesund

So zeigen Untersuchungen, dass der Eismann unter Arterienverkalkung litt, unter dem Verschleiß seiner Gelenke und einer stark verrußten Lunge. Letztere verdankt Ötzi dem jahrzehntelangen Einatmen von Rauch aus offenen, rußenden Feuern. Von einem eher harten Leben zeugen zudem alte Erfrierungen am Fuß und verheilte Brüche der Rippen und der Nase. Als wäre das noch nicht genug, litt Ötzi zudem an Darmparasiten und könnte obendrein ein Magengeschwür gehabt haben.

Ziemlich lädiert waren auch die Zähne des Kupferzeit-Seniors: Sie sind von Karies durchlöchert und das Zahnfleisch zeigt deutliche Spuren einer fortgeschrittenen Parodontose. Weil Ötzi oft Getreide kaute, das beim Mahlen mit Sand verunreinigt wurde, waren seine Zähne zudem stark abgenutzt. Wahrscheinlich aber nutzte der Mann aus dem Eis seine Zähne auch oft als Werkzeug, beispielsweise um Lederschüre festzuzurren, Knochen zu zerbeißen oder Zweige und Rinde zu zerteilen.

Porträtansicht Oetzis
Braune Augen, langes Haar: So könnte Ötzi ausgesehen haben. © Südtiroler Archäologiemuseum / A. Ochsenreiter

Lange Haare, braune Augen

Wie aber sah Ötzi aus? Wie stark ähnelte der Mann aus der Kupferzeit den heutigen Bewohnern dieser Alpenregion? Haarbüschel am Fundort des Eismumie verraten, dass Ötzi dunkelbraunes, leicht gewelltes Haupthaar besaß. Es reichte ihm bis zu den Schultern und er trug es – zumindest bei seinem Tod – wahrscheinlich offen. Ein dunkler, krauser Bart zierte zudem seine untere Gesichtshälfte.

Die Augen des Mannes aus dem Eis sind nicht erhalten. DNA-Analysen deuten aber daraufhin, dass Ötzi braune Augen besaß. Deutlich schwerer zu rekonstruieren sind dagegen die Gesichtszüge des Kupferzeit-Mannes. Weil die Eismumie gut 5.000 Jahre lang mit dem Gesicht nach unten in der Felsmulde lag, ist ihr Gesicht stark verformt und zerdrückt. Dennoch wagte sich 2011 ein Künstler auf Basis von Röntgen- und CT-Bildern an diese Aufgabe. Sein Ötzi-Portrait zeigt den Eismann mit einem schmalen, zerfurchten Gesicht und einer eher großen Nase.

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Nadja Podbregar
Stand: 16.09.2016

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Ötzis Geheimnisse
Spurensuche im ältesten Mordfall der Alpen

Fund im Eis
Die Entdeckung der Gletschermumie

Wer war der Tote?
Ötzis Aussehen und Gesundheit

Woher kam Ötzi?
Die Herkunft des Gletschermannes

Wie lebte Ötzi?
Hirte, Schamane, Flüchtiger?

Mordfall Ötzi
Wie starb der Kupferzeit-Mann?

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