Anthropogeographie

Wer waren die Skythen?

Europäer in der Steppe Zentralasiens

Dunkelhaarig, eher klein und drahtig und eindeutig mongolischen Typs – so stellen sich die meisten Menschen die Reiternomaden der Steppe vor. Typ Dschingis Khan eben. Im Falle der Skythen und auch der der Nomaden, die bereits hunderte Jahre vor ihnen lebten, ist das allerdings ein Trugschluss.

Gelockte, braune Haare - diese Selbstdarstellung auf einem skythischen Teppich (300 v. Chr.) scheint schon nicht sehr asiatisch © historisch

Denn die Skythen sahen nicht viel anders aus als wir, wie unter anderem Funde auf dem 2.500 Meter hoch gelegenen Ukok-Plateau im Altaigebirge zeigen. Auch hier, im Grenzgebiet zwischen Russland, der Mongolei, Kasachstan und China, finden sich die typischen Grabhügel der Skythen. Allerdings mit einem wichtigen Unterschied zu denen im Tal der Könige von Arschan: Während dort die Relikte der Toten meist stark zerfallen sind und maximal der Knochen erhalten bleiben, sind die Toten in den Kurganen des Altaigebirges bestens konserviert – sie überstanden die Jahrtausende im wahrsten Sinne des Wortes tiefgefroren.

Tiefgefroren über Jahrtausende

Denn in dieser Gebirgsregion taut der Boden auch im Sommer nie ganz auf. Nur an der Oberfläche bildet sich etwas Schlamm und Schmelzwasser. Weil die Grabkammern der Kurgane in den Boden eingesenkt waren, sickerte das Schmelzwasser von oben in diese Gruben ein und gefror dann aber in ihnen schnell wieder. Dadurch bildete sich eine Art Eislinse, die den oft auf einem Balkenpodest ruhenden Toten und die meisten seiner Grabbeigaben bis heute dauerhaft einschloss. Dieser „Kühlkammer“ ist es zu verdanken, dass von den Skythen auch einzigartig gut konservierte Eismumien erhalten geblieben sind – aber auch andere organische Materialien wie Kleidung und Felle, Lederobjekte und sogar Nahrungsreste.

Die im Eiskurgan konservierte Mumie der Prinzessin von Ukok. Deutlich sind ihre Tätowierungen zu erkennen - eine bei hochrangigen Männern und Frauen der Skythen übliche Sitte. © Kobsev / gemeinfrei

In den Eiskurganen des Altai haben Archäologen mittlerweile mehrere Mumien von Skythenkriegern, aber auch von Frauen gefunden. Sie beispielsweise bereits im Jahr 1993 die „Altaische Prinzessin“ – eine in eine Tunika aus Seide gekleidete, und mit sechs Pferden als Grabbeigaben bestattete Fürstin oder Priesterin. Sie gehörte der skythischen Pazyryk-Kultur an -und sie war keine Mongolin.

Rekonstruktionen ihrer Gesichtszüge zeigen deutlich, dass ihren Augen die typische Falte fehlte. Wenig später wurden ganz in der Nähe weitere Skythenmumien, die das noch deutlicher bestätigten, darunter ein Krieger mit rotblonden, zum Zopf gebundenen Haaren und ein Skythenfürst mit mittelbraunem Haar.

Rekonstruktion der Skythen-Prinzessin von Ukok: Ihre Züge waren europäisch © Kobsev / gemeinfrei

Genetisch eindeutig europäisch

DNA-Analysen von Skythen aus verschiedenen Regionen der eurasischen Steppe zeichnen inzwischen ein genaueres Bild: Demnach waren die Skythen im westlichen Teil der Steppen bis nach Kasachstan hinein genetisch gesehen Europäer. Ihr Erbgut stimmt in den meisten Merkmalen mit dem heutiger Europäer überein. Die Eismumien vom weiter östlich gelegenen Ukok-Plateau – obwohl auch zu den Skythen gehörend – sind eher eine Mischung: Ihr mitochondriales Erbgut zeigt etwa zur Hälfte typisch europäische und zur anderen Hälfte typische asiatische Merkmale.

„Das gibt uns wertvolle Hinweise darüber, wie sich die Populationen in den Zentralasiatischen Steppen entwickelten“, erklärt Assumpció Malgosa von der Universität Autònoma de Barcelona, der 2010 die DNA-Analysen der Ukok-Mumien durchführte. Demnach breiteten sich die genetisch europäischen Skythenvölker offenbar im Laufe ihrer Geschichte vom sibirischen Tuwa sowohl nach Süden und Westen als auch nach Osten bis an beide Seiten des Altai hin aus. Auf der Ostseite des Gebirges mischten sich diese Reiternomaden dann vor mehr als 2.000 Jahren dann offenbar mit den dort zuvor ansässigen Asiaten.

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Nadja Podbregar
Stand: 16.08.2013

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Skythen - Gräber, Gold und Genanalysen
Auf den Spuren einer rätselhaften Steppenkultur

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Die Entdeckung des Fürstengrabs von Tuwa

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