Er ist das Maß aller Dinge bei der Begutachtung des deutschen Waldes, er liefert jedes Jahr harte Zahlen darüber, wie krank oder gesund die Laub- und Nadelbäume wirklich sind. Und er füttert Politiker und Wissenschaftler, die sich um die Genesung des Waldes bemühen mit wichtigen und vor allem objektiven Informationen – angeblich.
Dabei ist der seit 1984 jährlich erscheinende Bericht über den Zustand des Waldes schon seit Jahren heftig umstritten. Während Umweltorganisationen seinen Wert preisen und auf seinen Erhalt pochen, sieht dies bei Politikern und Wissenschaftlern zum Teil ganz anders aus. Kritiker bemängeln schon seit den 1980er Jahren, dass das Verfahren viel zu ungenau ist und zudem deutlich überhöhte Zahlen liefert. Damit habe es er vor allem in den 1980er Jahren die „Waldsterbepanik“ in Deutschland maßgeblich mit angestoßen.
Rückendeckung erhielten die Gegner des Waldzustandsberichts schon im November 1988 durch einen Artikel im Wissenschaftsmagazin Nature. Forscher konstatierten darin, dass die meisten der im Waldzustandsbericht aufgelisteten Schäden von selbst heilten, wenn die Bäume nicht zu arg in Mitleidenschaft gezogen sind. Damit könne nur ein Bruchteil der in diesem Report als geschädigt gelisteten Bäume als bedroht gelten und es sei deshalb falsch von einem „Waldsterben“ zu sprechen. Der Bericht, so das Resümee des Artikels, sei falsch oder missverständlich.
Massive Vorbehalte hatten die Gegner des Waldreports vor allem gegen das Verfahren zur Ermittlung der Schäden. Speziell geschulte Mitarbeiter der Forstbehörden in den Bundesländern untersuchen dabei im Juli und August jeden Jahres den Zustand der Baumkronen vom Boden aus. Sie schätzen dabei, wie viele Blätter oder Nadeln der jeweilige Baum verloren hat und damit die so genannte Kronenverlichtung. Diese gilt dann als Indiz für die Schädigung der Fichten, Tannen und Eichen.