Die Deutschen gehören zu den wetterfühligsten Völkern der Erde. In kaum einem anderen Land dröhnt so vielen Menschen wetterbedingt der Kopf oder schlägt sich die Schwüle in Schlappheit nieder. Woanders ist das Phänomen dagegen kaum bekannt oder spielt zumindest kaum eine Rolle – und das selbst dort, wo erheblich belastendere Wetterbedingungen oder häufigere Wetterwechsel auftreten als hierzulande, wie beispielsweise in Norwegen oder Großbritannien.
Wie groß das Ausmaß der Wetterfühligkeit in Deutschland ist, zeigte im Jahr 2002 erstmals eine von der Universitätsklinik München und dem Institut für Demoskopie Allensbach bundesweit durchgeführte repräsentative Studie. 1.064 Bürger im Alter von 16 Jahren aufwärts wurden dabei in Hausinterviews detailliert nach ihren subjektiven Eindrücken befragt.
Mehr als die Hälfte fühlt sich betroffen
Die Ergebnisse zeigen, dass 54,5 Prozent aller Deutschen das Wetter als mehr oder weniger starken Einfluss auf ihre Gesundheit erfahren. Häufigste Symptome dabei sind Kopfschmerzen und Migräne, Erschöpfung, Schlafstörungen und Müdigkeit und Gelenkschmerzen. Rund ein Viertel der Betroffenen leidet auch unter Schwindel, Konzentrationsstörungen oder Niedergeschlagenheit. Knapp einem Drittel der Wetterfühligen ging es dabei mindestens einmal schon so schlecht, dass sie nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen konnten. Im Durchschnitt kamen so 10,2 Tage wetterassoziierter Arbeitsunfähigkeit pro Betroffenem zusammen.
Mehr Frauen als Männer…
Dabei gibt es deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede: Während 28 Prozent der Frauen angaben, unter wetterbedingten Beschwerden zu leiden, waren es nur 9,6 Prozent der Männer. Außerdem klagten auch ältere Menschen (>60 Jahre) häufiger über Wetterfühligkeit als jüngere. Besonders anfällig sind zudem auch Menschen, die bereits unter einer chronischen Krankheit, wie Kreislaufstörungen, Allergien oder Rheuma leiden.
Landwirte und Führungskräfte…
Das eine Arbeit, die vornehmlich im Freien stattfindet, möglicherweise die Sensibilität gegenüber den Wettereinflüssen erhöht, bestätigt die Auswertung der berufsspezifischen Häufigkeiten: Immerhin 76,9 Prozent der Landwirte gaben an, wetterfühlig zu sein. Interessanterweise scheint aber auch die berufliche Position eine Auswirkung auf die subjektive Wetterempfindlichkeit zu haben: Leitende Angestellte fühlten sich mit 62,9 Prozent erheblich häufiger betroffen als Facharbeiter (488 Prozent) oder Selbstständige (40,8 Prozent). Fördert der Karrierestress den Wetterstress oder neigen Führungskräfte eher dazu, für Unpässlichkeiten im Wetter den Sündenbock zu sehen?
Ursachen gesucht…
Nach Ansicht der Autoren der Studie „deutet vieles darauf hin, dass beim Auftreten von unspezifischen Symptomen gerne zunächst das Wetter als Auslöser gesehen wird.“ Ob das tatsächlich der Fall ist, könnte erst geklärt werden, wenn die Wissenschaft eindeutig belegen kann, wie und vor allem welcher Faktor bei den Wetterfühligen die Symptome auslöst. Doch genau hier tappt die Biometeorologie noch ziemlich im Dunkeln.
Stand: 16.04.2004