„Die Menschen stanken nach Schweiß und nach ungewaschenen Kleidern; aus dem Mund stanken sie nach verrotteten Zähnen, aus ihren Mägen nach Zwiebelsaft und an den Körpern, wenn sie nicht mehr ganz jung waren, nach altem Käse und nach saurer Milch und nach Geschwulstkrankheiten.“ Das Paris des 18. Jahrhunderts, das Patrick Süskind in seinem Roman „Das Parfüm“ schildert, scheint ein recht geruchsintensiver Ort gewesen zu sein.
Klar, die Kanalisation hatte menschliche Fäkalien noch nicht unter die Erde verbannt und der Pferdemist der zahlreichen Kutschen tat sicher sein übriges – allein an den schlechteren hygienischen Bedingungen lag es sicher nicht, dass es mehr stank als heute. Die Menschen hatten damals eine ganz andere Ekeltoleranz.
Auch wenn die Empfindung von Ekel angeboren ist, was wir als eklig empfinden, entscheidet in vielen Fällen die Erziehung. Kleinkinder lassen sich noch nicht von dem Geruch von Hundekot abschrecken – erst wenn ihre Mütter ihnen sagen, das sei „Pfui“, lernen auch sie, einen Ekel vor Fäkalien zu entwickeln.
Was eklig ist und was nicht, änderte sich dabei im Laufe der Geschichte. Als die Pest in Europa wütete, befürchteten die Menschen, die Krankheitserreger könnten über Poren in die Haut eindringen. Folglich wuschen sie sich nicht mehr, um die Poren so zu schützen. Statt mit Wasser und Seife reinigten sich die Menschen mit Tüchern und Puder. Am Ende des Mittelalters wurde dem Geruch sogar ein Schutz vor Krankheiten nachgesagt – ein strenger Körpergeruch stand stellvertretend für strotzende Gesundheit. Einige Parfums dieser Zeit enthielten sogar tierische und menschliche Fäkalien.
Andere Zeiten, andere Sitten: Während es vor ein bis zwei Generationen noch üblich war, die Unterwäsche einmal pro Woche zu wechseln, gilt man heute schon als unhygienisch, wenn man nicht jeden Tag duscht oder kein Deo benutzt. Schweißgeruch ist einer der verpöntesten Gerüche überhaupt, die meisten empfinden ihn als eklig.
Hier hat der Ekel keinen biologischen Sinn mehr, denn der Geruch anderer Menschen enthält viele brauchbare Informationen, die wir unbewusst wahrnehmen. So kann unsere Nase über den Schweiß anderer Menschen herausfinden, ob dieser Angst hat, in welchem Gesundheitszustand er sich befindet und ob er gerade sexuell erregt ist. Nicht nur das: Im Tierreich geben Duftstoffe Auskunft über die Zusammensetzung des Immunsystems. Bildet sich ein Paar mit sehr unterschiedlichen Komponenten, werden die Nachkommen mit einem besonders breiten und wirkungsvollen Schutz-Spektrum ausgestattet.
Vieles spricht dafür, dass auch wir Menschen unseren Partner unbewusst danach aussuchen, mit wem wir die Kinder mit dem besten Immunsystem zeugen können. Zumindest wenn diese Information nicht durch das Deo überdeckt wird.
Stand: 13.05.2005