Energie

Wie „dreckig“ ist LNG?

Treibhausgas-Bilanz von Pipelinegas und Flüssiggas im Vergleich

LNG-Terminal
LNG-Terminal in Yokohama. © Σ64/ CC-by-sa 3.0

LNG hat keinen guten Ruf: Zum einen ist Erdgas ein fossiler Brennstoff und damit schon per se nicht sonderlich klimafreundlich. Zum anderen erzeugen die energieaufwendige Verflüssigung und der Transport mit Tankern weitere Emissionen.

Das wirft die Frage auf, wie sich ein Umstieg von russischem Gas auf Flüssiggas auf die Klimabilanz auswirken würde: Erkaufen wir unsere Energieunabhängigkeit womöglich mit „schmutzigem“ Gas? Noch im Jahr 2019 sprachen sich Experten für Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik eben aus diesem Grund entschieden gegen den Bau von deutschen LNG-Terminals und die vermehrte Nutzung von Erdgas als Brückentechnologie aus.

Pipeline-Gas und LNG im Vergleich

Aber wie „schmutzig“ ist LNG wirklich? Und wie sieht die Klimabilanz im Vergleich zu Erdgas aus Russland aus? Genau diese Frage haben im Jahr 2019 Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe im Auftrag des Umweltbundesamts eingehend untersucht. Dafür ermittelten sie, wie viele Treibhausgase bei der Erdgas-Förderung freiwerden, aber auch, wie die Emissionsbilanz bei Verflüssigung und Transport aussieht.

Fracking
Wenig idyllisch: Unkonventionelle Gasförderung durch Fracking ist besonders umweltschädlich. © sasacvetkovic/ iStock.com

Auf den ersten Blick scheint die Bilanz klar: Nach Europa importiertes Flüssiggas erzeugt fast immer höhere Treibhausgas-Emissionen als Pipelinegas. Im Extremfall kann es gut siebenmal mehr sein, wie die Forscher berichten. Allerdings liegt die Tücke im Detail – und dieses sorgt dafür, dass LNG unter bestimmten Umständen sogar besser dastehen kann als russisches Pipeline-Gas.

Auf Förderung und Herkunft kommt es an

Der erste Haken ist die Art der Gasförderung: Stammt das LNG aus unkonventioneller Förderung und wird demnach durch Fracking gewonnen, werden meist mehr Treibhausgase freigesetzt. Im Schnitt liegen diese Emissionen den Forschern zufolge bei 6,5 bis 19 Gramm CO2-Äquivalenten pro Megajoule (gCO2e/MJ). Im Vergleich dazu werden beispielsweise bei der konventionellen Gasförderung in Norwegen oder den Niederlanden weniger als 2 gCO2e/MJ erzeugt.

Aber so niedrig sind die Werte längst nicht bei jeder konventionellen Gasförderung: In den USA sorgen auch die normalen Gasförderanlagen im Schnitt für Emissionen von 13,8 gCO2e/MJ, wie das Team ermittelte. Und auch die russische Gasförderung ist im Vergleich zu Norwegen oder den Niederlanden deutlich emissionsträchtiger.

Verflüssigung: Höchste Emissionen in Katar

Ein zweiter Faktor ist die Art und Lage der LNG-Verflüssigungsanlagen: Kleinere Anlagen setzen mehr Treibhausgase frei als große, ältere mehr als moderne. Zudem benötigt die Verflüssigung in wärmeren Ländern mehr Energie als in Regionen mit ohnehin kühlerem Klima. Denn bei Hitze muss das Gas stärker komprimiert und gekühlt werden. Der Studie zufolge schlägt dies bei LNG aus Katar besonders stark zu Buche: Weil die Anlagen dort nur einen geringen Wirkungsgrad besitzen und bei großer Hitze laufen, erzeugt die LNG-Produktion dort höhere Emissionen als in anderen Ländern.

Auch das Methan selbst spielt für die Klimabilanz eine Rolle: Dringt Wärme durch Lücken in der Isolierung der Speichertanks ins Innere ein, verdampft ein Teil des LNGs wieder. Damit es nicht zu einem gefährlichen Überdruck und im Extremfall zu einer Explosion kommt, wird dieses sogenannte Boil-off-Gas über Sicherheitsventile direkt nach außen freigesetzt. Das Methan – ein potentes Treibhausgas – gelangt so direkt in die Atmosphäre. Nach Angaben von Shell liegen die Boil-Off-Raten für Großtanks bei 0,1 Prozent pro Tag, bei kleineren, schlechter isolierten Tanks bei immerhin einem Prozent.

Treibhausgas-Bilanz
Treibhausgas-Bilanzen verschiedener LNG- und Pipelinegas-Importe. © Wachsmuth et al./ Fraunhofer ISI, UBA

Auch bei der Pipeline kommt es auf die Entfernung an

Der dritte Faktor ist schließlich der Transport des Erdgases: Je größer die Strecken sind, desto ungünstiger wird auch die Treibhausgasbilanz – sowohl bei Pipelines als auch bei LNG-Tankern. So würden beim Import von LNG aus Australien allein durch den Schiffstransport des Flüssiggases fünfmal so viel Emissionen anfallen als bei LNG aus Algerien. Der Transport des russischen Erdgases per Pipeline kann wegen der enormen Entfernungen von Sibirien nach Europa sogar mehr Emissionen verursachen als ein kurzer LNG-Transport aus dem Nahen Osten.

All dies macht deutlich, dass die Klimabilanz von LNG ähnlich wie beim Pipelinegas sehr unterschiedlich ausfallen kann. So ist der Fraunhofer-Studie zufolge LNG aus Katar trotz der relativ hohen Emissionen bei der Verflüssigung deutlich klimafreundlicher als LNG aus Australien oder den USA. Das Erdgas aus Russland wiederum liegt in seiner Gesamtbilanz fast gleichauf mit dem LNG aus Katar.

Die Fraunhofer-Studie kommt daher zu dem Fazit, dass Pipelinegas in Bezug auf die Treibhausgas-Emissionen zwar meist besser dasteht als LNG. Andererseits kann man jedoch auch dabei versuchen, klimatechnisch auf das kleinste Übel zu setzen. Hinzu kommt: „Trotz der Vorkettenemissionen von LNG sind die Gesamtemissionen in der Regel geringer als die von erdöl- und kohlebasierten Energieträgern“, so die Forscher.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Flüssiggas
Kann LNG die Erdgas-Versorgungslücke schließen?

Alternativen gesucht
Warum Flüssiggas wieder boomt

Vom Gas zur Flüssigkeit
Was ist LNG und wie wird es produziert?

Wie "dreckig" ist LNG?
Treibhausgas-Bilanz von Pipelinegas und Flüssiggas im Vergleich

Wie kommt das Flüssiggas zu uns?
Transport, LNG-Terminals und das Leitungsnetz

LNG-Terminals in Deutschland
Kommt bald Flüssiggas von deutschen Häfen?

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