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Psychologie

Wie geht man mit Narzissten um?

Warum Narzissmus weder vermeidbar, noch heilbar ist

Narzissten können charismatisch und mitreißend sein, oft aber ist das Zusammenleben mit ihnen eher schwierig. Wie also geht man am besten mit einem solchen Menschen um?

Keine Absicht

Hilfreich ist es, sich bewusst zu machen, dass narzisstische Persönlichkeitsstörungen keine Absicht sind und die Betroffenen kaum anders handeln können – sofern sie sich dessen überhaupt selbst gewahr sind. Das erleichtert es, Verständnis für das egozentrische Verhalten der Narzissten aufzubringen, sich von ihm abzugrenzen und bewahrt vor Enttäuschungen, wenn das Gegenüber wenig Empathie für unsere Situation aufbringt.

Auch für Experten ist es eine Herausforderung, mit Egomanen zu arbeiten, denn es gibt keine garantiert wirksame Therapie für Narzissmus. Eine „Heilung“ ist ebenso wenig möglich wie eine Prävention. Eine psychiatrisch-psychotherapeutisch Behandlung kann das narzisstische Verhalten aber immerhin so weit abmildern und die Selbstwahrnehmung korrigieren, dass die Betroffenen sich sozial besser anpassen können. Auch Empathie lässt sich trainieren.

Mann schaut kritisch in den Spiegel
Narzissten suchen sich oft erst dann psychotherapeutische Hilfe, wenn sie in einer persönlichen Krise stecken. © Ingram Publishing / iStock

Hemmschwelle für Therapie

Das erfordert jedoch Zeit und die Bereitschaft, sich zu ändern. Narzissten tendieren allerdings eher dazu, die Therapie zu manipulieren oder abzubrechen – oder gar nicht erst anzufangen. Denn Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung sehen ihr Benehmen in der Regel nicht als problematisch an und holen sich daher nur selten und spät von selbst Hilfe.

Auslöser dafür sind dann oft persönliche Krisen wie die Trennung des Partners oder gravierende berufliche Misserfolge. Dann stürzt mitunter das Selbst- und Weltbild der Betroffenen zusammen und die ausbleibende Bestätigung sorgt für Zweifel am eigenen Tun. Die Hemmschwelle, sich Hilfe zu suchen, sinkt dann.

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Antrieb für eine Therapie können aber auch die Begleiterkrankungen wie Depressionen sein. Im Gegensatz zu Narzissmus können diese mit Medikamenten behandelt werden, weil dabei biologische Ursachen und Zusammenhänge besser bekannt sind.

Einfluss der Gene?

Narzissmus hat hingegen vielfältige und komplexe Auslöser, die bislang kaum verstanden sind. Verschiedene Zwillingsstudien legen zwar nahe, dass bei der Entstehung von narzisstischen Persönlichkeitsstörungen genetische Faktoren eine Rolle spielen (doi: 10.1001/archpsyc.65.12.1438). „Bei der narzisstischen Persönlichkeit kann man davon ausgehen, dass sie etwa zu 50 Prozent erblich bedingt ist“, sagt der Psychiater Claas-Hinrich Lammers gegenüber quarks.de. Die Gene führen aber wahrscheinlich nur in Kombination mit anderen Faktoren zu Narzissmus. Eine Behandlung von krankhaften Narzissten, die auf bestimmte Gendefekte oder biologische Mechanismen abzielt, existiert nicht.

Im Zeitalter der Digitalisierung liegt auch die Vermutung nahe, dass soziale Medien narzisstisches Verhalten weiter befeuern könnten. „Wir vermuten, dass das Verhältnis von Narzissmus und dem Verhalten in sozialen Medien dem Muster einer sich selbst verstärkenden Spirale folgt“, sagt Markus Appel von der Universität Würzburg (doi: 10.1111/jopy.12305). Demnach tummeln sich Narzissten häufiger im Netz und werden dadurch noch narzisstischer. Ein Zusammenhang mit der Tendenz zur Selbstdarstellung im Internet ist aber bislang nicht klar belegt.

Mädchen im Prinzessinen-Kleid und Junge mit Ritter-Piraten-Kostüm
Narzissmus ist auch eine Folge der Erziehung. Eltern sollten ihren Kindern daher Zuneigung entgegenbringen, ohne ihnen zu sagen, sie seien anderen überlegen. © moodboard / iStock

Erziehung und elterliche Prägung

Als wesentlicher Mitauslöser für Narzissmus gilt das individuelle Temperament, oft kombiniert mit einer geringen Wertschätzung und wenig Liebe durch die Eltern oder andere Bezugspersonen in der Kindheit. Die Betroffenen kompensieren den Mangel dann später durch übertriebene Ansprüche und unbewusste Aggression.

Oder die Kinder erfahren im Gegenteil zu viel Anerkennung, gewöhnen sich an die Prahlerei und ungerechtfertigte Sonderbehandlung und erwarten diese Bewunderung dann auch weiterhin. „Anstatt das Selbstwertgefühl zu steigern, kann eine Überbewertung unbeabsichtigt den Narzissmus steigern“, erklärt Eddie Brummelman von der Universität Amsterdam (doi: 10.1073/pnas.1420870112). Eltern sollten ihren Kindern daher Zuneigung entgegenbringen, ohne ihnen zu suggerieren, sie seien anderen überlegen.

Nicht selten, aber auch nicht zwangsläufig entwickeln die Kinder von Narzissten infolge ihrer erfahrenen Vernachlässigung oder Verhätschelung später selbst eine narzisstische Persönlichkeitsstörung oder suchen sich Partner mit derselben Tendenz. Diese Erfahrungen, Wechselbeziehungen und daraus resultierenden Charakterzüge und Neigungen zu reflektieren, ist Teil einer psychotherapeutischen Behandlung von Narzissten, um die destruktiven Kettenreaktionen zu durchbrechen.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Narzissmus: Zwischen Angst und Aggression
Launischer Charakter oder Persönlichkeitsstörung?

Was ist Narzissmus?
Das Paradoxon der vermeintlichen Überlegenheit

Empathielose Egomanen mit Geltungsdrang
Woran erkennt man Narzissten?

Wo sich narzisstische Menschen tummeln
Narzissten in Gesellschaft, Beruf und Privatleben

Wie geht man mit Narzissten um?
Warum Narzissmus weder vermeidbar, noch heilbar ist

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