Über der Oberfläche hat der Merkur – nichts. Dort, wo bei Erde, Venus und Mars eine mehr oder weniger dichte Atmosphäre sitzt, irren beim Merkur nur ganz vereinzelt einige Moleküle herum. Sie sind so weit verstreut, dass sie nie miteinander kollidieren. Wie winzige Gummibälle prallen sie nur ab und zu von der Oberfläche ab und werden dann wieder in die Höhe geschleudert.
Dünner als ein Vakuum
Diese Exosphäre genannte Hülle ist nicht nur dünner als ein in einem Labor erzeugtes Vakuum, sie kann auch nicht sehr alt sein. Denn die große Hitze auf der Tagseite des Planeten und seine geringe Anziehungskraft reichen nicht aus, um die Gase lange festzuhalten – schon gar nicht gegen den hier oft extrem stark wehenden Sonnenwind. Daher muss alles, was sich in der Exosphäre befindet, nahezu ständig Nachschub von der Oberfläche des Planeten oder aber aus dem Sonnenwind erhalten.
Daten von Mariner 10 und erdbasierten Teleskopen belegten die Präsenz der Elemente Wasserstoff, Helium, Sauerstoff, Natrium, Kalium und Kalzium über dem Merkur. Messenger ergänzte diese Liste bei seinem zweiten Vorbeiflug im Oktober 2008 noch um das Element Magnesium, das sein Spektrometer in der Exosphäre nachwies. „Die Entdeckung des Magnesiums an sich war nicht so überraschend, aber seine Menge und Verteilung war unerwartet“, erklärt William McClintock von der Universität von Colorado in Boulder im April 2009 in einem „Science“-Artikel.
Schweif aus Gas
Denn das Magnesium bildete ebenso wie Natrium und Kalzium einen lang ausgezogenen Schweif, ähnlich dem eines Kometen. Erzeugt wird er durch den Strahlendruck des Sonnenlichts, der die einzelnen Gasatome vom Planeten „wegschiebt“. Spannend daran ist vor allem, dass die Elemente in diesem Schweif ganz unterschiedlich verteilt sind: Während Kalzium vor allem von der Äquatorregion ausgeht, registrierte Messenger für Natrium die größten Intensitäten weiter nördlich und südlich.
„Die räumliche Verteilung von Natrium, Kalzium und Magnesium reflektiert die Prozesse, die diese Elemente von der Oberfläche des Merkur freisetzen“, erklärt Ron Vervack vom Laboratorium für Angewandte Physik der Johns Hopkins Universität. „Jetzt, wo wir sie erstmals simultan erfassen können, eröffnet uns dies einen unvergleichlichen Einblick in die Wechselwirkungen von Oberfläche und Exosphäre des Merkur.“ Die weiteren Messungen der Sonde während ihrer Umkreisungen könnten auf diese Weise wichtige Hinweise auf die Zusammensetzung der Kruste, aber auch auf die in ihr stattfindenden Prozesse liefern.
Nadja Podbregar
Stand: 02.10.2009