Meeresströmungen wirken jedoch nicht nur auf das Klima, sondern beeinflussen auch entscheidend die Ökologie von Meer und Küste. Der Humboldstrom beispielsweise schaufelt kaltes Wasser aus dem Süden an der Westküste Südamerikas vorbei. Dadurch sinkt die Wassertemperatur unmittelbar vor der Küste auf ungemütliche 15 bis 17 °C, erst weiter draußen auf dem Meer wird das Wasser wärmer. Doch die Kälte hat ihre Vorteile: Das Wasser des Humboldtstroms ist überaus nährstoffreich und bietet daher vielen Meeresbewohnern einen üppig ausgestatteten Lebensraum.
Damit ist die Strömung für Südamerikas Küstenregionen nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich von großer Bedeutung, denn viele Anrainerstaaten leben in erster Linie vom Fischfang. Gleichzeitig bietet der fischreiche Strom Nahrung für Millionen von Vögeln, deren Exkremente in großem Maßstab als Guano von den Küstenfelsen geerntet werden und die Grundlage einer wichtigen Düngemittelindustrie sind. Das Ausbleiben oder eine Veränderung dieser Kaltwasserströmung – wie beispielsweise während eines El Nino – hat daher ernste Konsequenzen für Mensch und Umwelt.
Doch Meeresströmungen schaffen nicht nur Refugien des Lebens, sie können auch das Gegenteil bewirken und karge Wüstenlandschaften entstehen lassen. Dies geschieht dann, wenn über einer relativ kühlen Kaltwasserströmung die Temperatur der unteren Luftschichten absinkt, so dass die Luftfeuchtigkeit kondensiert – Küstennebel entsteht. Er ist sowohl an den Küsten Südamerikas als auch beispielsweise in Kalifornien ein häufig zu beobachtendes Phänomen.
Wenn die Luft auf das Festland gelangt, enthält sie kaum noch Feuchtigkeit und es bilden sich deshalb keine Niederschläge. Als Folge sind die Landstriche an der Küste sehr trocken und im Extremfall entwickeln sich ausgedehnte Wüsten. Zu diesen so genannten Küsten- oder Nebelwüsten gehören beispielsweise die Atacama in Chile, die durch den Humboldtstrom zustande kommt, und die Namibwüste in Namibia.
Große Bedeutung haben Meeresströmungen für die Schiffahrt. Schon seit vielen Jahrhunderten nutzt sie die transozeanischen Wasserhighways für ihre Routen aus: Der erste Forscher, der sich ausgiebig mit dem Studium von Meeresströmungen und besonders mit dem Golfstrom beschäftigte, war Benjamin Franklin. Ihm fiel auf, dass amerikanische Schiffe bei der Überquerung des Atlantiks zwei Wochen weniger unterwegs waren als englische. Die amerikanischen Kapitäne kannten die ostwärts gerichtete Strömung und nutzten sie auf dem Weg nach Europa aus. Auf dem Rückweg mieden sie diese Strömung, so gut sie konnten. Die Karte, die Franklin von dieser Strömung zum Nutzen aller Schiffe anfertigte, war die erste systematische Karte einer Meeresströmung, die veröffentlicht wurde.
Stand: 27.04.2003