Mit den Experimenten zur Elektrizität und dem Phänomen des Blitzes ist Benjamins Franklins Forscherdrang noch lange nicht erschöpft. Er liest, experimentiert und forscht auf so unterschiedlichen Gebieten wie der der Zeitmessung, Meteorologie, der Meereskunde oder der Medizin.
Wolken, Winde und Hagel
Schon vor seinen Versuchen zur Natur der Blitze entdeckt Franklin eine fundamentale Eigenschaft von Wolken und Stürmen: Er ist der erste, der erkennt, dass Wolken auch entgegengesetzt zur am Boden vorherrschenden Windrichtung ziehen können. Den Anstoß dazu gibt ihm ein Himmelsschauspiel: Am 21. Oktober 1743 bereitet sich Franklin darauf vor, eine Mondfinsternis zu beobachten, als heranrasende Sturmwolken ihm die Sicht auf den Erdtrabanten nehmen. Wenige Tage später jedoch liest er, dass die Menschen in Boston die Mondfinsternis sehen konnten – bei ihnen traf der Sturm erst deutlich später ein.
Das Merkwürdige jedoch: Boston liegt gut 100 Kilometer nordöstlich von Philadelphia und zur Zeit der Mondfinsternis herrschte Nordostwind. Dieser hätte die Sturmwolken daher nach Westen treiben müssen. Stattdessen bewegten sich die Wolken gegen den Wind. Der Wind konnte demnach nicht der einzige Einflussfaktor für die Bewegung großräumiger Wetterereignisse sein. Franklin stellt die Vermutung auf, dass der Luftdruck in Form von Hoch- und Tiefdruckgebieten die entscheidende Triebkraft der Sturmwirbel sein muss – eine korrekte Annahme.
Über noch etwas sinniert der Forscher: Warum kann es selbst im Hochsommer hageln? Eigentlich ist es dann ja viel zu warm, um die eisigen Klumpen zu bilden. Franklins Schlussfolgerung: Dort, wo der Hagel seinen Ursprung hat – hoch in der Atmosphäre – muss es deutlich kälter sein als in Bodennähe. Noch in der Wolke muss der Regen dadurch zu Hagel gefrieren. Auch damit liegt Franklin richtig, wie Messungen später beweisen.
Auf der Spur des Golfstroms
Selbst auf Reisen lässt es sich Benjamin Franklin nicht nehmen, Naturphänomene zu erkunden und ungeklärte Fragen zu untersuchen. So stellt er bei seinen Schiffspassagen über den Atlantik fest, dass die Reise je nach Richtung unterschiedlich lange dauert. Das weckt bei Franklin die Vermutung, dass der Golfstrom hieran einen erheblichen Anteil hat. Um diese Meeresströmung zu kartieren, führt er während einer der Schiffspassagen erstmals systematisch Messungen durch.
Franklin senkt in bestimmten Zeitabständen ein Thermometer in verschiedene Wassertiefen und kann so anhand der Wassertemperatur den Verlauf und die Tiefe des Golfstroms rekonstruieren. Das Ergebnis seiner Messungen ist die bis dahin genaueste Karte des Golfstroms – und ein Vorschlag, wie man die Schiffsrouten optimieren könnte, um die Atlantiküberquerungen zu verkürzen.
Polarlicht – ein „elektrisches“ Phänomen
Ein weiteres Phänomen weckt während der Schiffspassagen Franklins Neugier: das Polarlicht. Zu seiner Zeit ist noch völlig unklar, was diese seltsam leuchtenden Schleier am Himmel hervorruft. Doch Franklin – angeregt durch seine Experimente mit Elektrizität – entwickelt eine innovative Hypothese: „Könnte nicht die große Menge an Elektrizität, die von den Wolken in die Polarregionen gebracht werden, wie eine überladene Flasche durch die niedere Atmosphäre brechen…?“, schreibt er in einem Fachartikel dazu. Dieser Überschuss an elektrischer Energie in der Polarregion würde dann zu den Lichterscheinungen führen, mutmaßt Franklin.
Das könnte auch erklären, warum die Aurora borealis in Polnähe am häufigsten auftritt: „Die Elektrizität dünnt aus, wenn die Breitengrade zunehmen, sie ist stark sichtbar, wo sie am dichtesten ist und wird weniger sichtbar, wo sie auseinanderläuft“, schreibt Franklin. Damit erkennt er als einer der ersten, dass die Polarlichter ein elektromagnetisches Phänomen sind – auch wenn er in Bezug auf die Herkunft der Ladungen und Energien noch falsch liegt.
Schnupfen: Ansteckung statt Auskühlung
Doch auch auf dem Gebiet der Medizin wecken verschiedene Phänomen Franklins Aufmerksamkeit. So kann er als erster die gängige Annahme widerlegen, dass Kälte und Nässe die alleinige Ursache für Schnupfen sein müssen. Sein Gedankengang: Wenn das das Fall wäre, müssten Seemänner, die ständig in durchnässten Kleidern herumlaufen, besonders häufig unter Erkältungen leiden. Doch das ist nicht der Fall, wie Franklin feststellt.
Er vermutet stattdessen, dass Schnupfen von Mensch zu Mensch übertragen wird: „Menschen stecken sich gegenseitig an, wenn sie zusammen in kleinen engen Räumen, Kutschen oder ähnlichem eingeschlossen sind“, schreibt er. „Und wenn sie nahe beisammensitzen und sich unterhalten, atmen sie die Transpiration des Anderen ein.“ Lange vor der Entdeckung der Viren und Bakterien hat Franklin damit die Übertragbarkeit der Erkältung erkannt.