Physik

„Wir überschreiten die Grenzen der Erkenntnis“

Der Ringbeschleuniger RHIC

Brookhaven National Laboratory aus der Luft © BNL

Physiker aus der ganzen Welt warteten mit großer Spannung auf die Fertigstellung des RHIC in Brookhaven. Von 1991 bis 1999 dauerte der Bau dieses Ringbeschleunigers mit einem Umfang von etwa 3,8 Kilometern, in dem 1740 supraleitende Magnetspulen in zwei Strahlrohren je 57 Teilchenpakete in entgegengesetzter Richtung umlaufen lassen – und zwar annähernd mit Lichtgeschwindigkeit.

An sechs Kreuzungspunkten treffen sich die Strahlen. Hier kommt es dann durchschnittlich 1000 Mal pro Sekunde zu den spektakulären Kollisionen. Um bis ins Detail zu sehen, was bei den Mini-Katastrophen geschieht, sind vier der sechs Kreuzungspunkte von gigantischen Detektoren umgeben. Sie registrieren alles: die entstehenden Teilchen, ihren Typ, ihre Ladung, ihre Geschwindigkeit und ihre Masse.

Bahnbrechendes „Ereignis“

Am 12. Juni 2000 um 9 Uhr abends zeigte STAR, einer der vier Detektoren, zum ersten Mal ein „Ereignis“ an, wie es die Physiker erwartet hatten: viele Teilchen, die vom Kreuzungspunkt der Strahlen aus nach außen rasten. „Wir überschreiten heute eine neue Grenze wissenschaftlicher Erkenntnis“, freute sich damals der US-Energieminister Bill Richardson, „Wissenschaftler aus der ganzen Welt werden diese Anlage benutzen, um einige der grundlegenden Fragen über die Eigenschaften der Materie und die Entstehung unseres Universums zu beantworten.“

Teilchenspuren einer Goldkollision © BNL

In der Tat haben die Forscher seither große Fortschritte erzielt. Im Juni 2003 horchte die Fachwelt auf, als die Sprecher der vier internationalen Wissenschaftler-Kollaborationen auf einem Kolloquium in Brookhaven von den neuesten Ergebnissen berichteten. Man hatte starke Hinweise darauf gefunden, dass beim Zusammenprall von Goldkernen tatsächlich das Quark- Gluon-Plasma entstanden war, das man erhofft und erwartet hatte.

Nur ein Jet ist verheißungsvoll

Vor allem eine Tatsache macht die Forscher zuversichtlich: Ebenso wie bei der Kollision einzelner Teilchen entstehen auch beim Zusammenprall der Goldkerne Jets von energiereichen Teilchen. Aber dieses Mal lassen sich die Jets nur in eine Richtung beobachten. Nach den Gesetzen der Physik müssen aber immer zwei davon gleichzeitig entstehen, die ihren Impuls gegenseitig ausbalancieren. „Dass wir jetzt nur einen Jet beobachten, hatten wir erwartet“, erklärt Max-Planck-Forscher Seyboth, „denn nur ein Jet, der am Rand des Plasmas entsteht, kann das Plasma verlassen. Die Teilchen des entgegengesetzten Jets bleiben dann sozusagen in der dichten Suppe des Plasmas stecken – sie verlieren ihre Energie und dringen nicht mehr als Jet nach außen.“

Ob diese Theorie auch wirklich stimmt, überprüften die Forscher am RHIC mit Experimenten, bei denen sie Goldkerne mit Deuterium – also schwerem Wasserstoff – zusammenstoßen ließen. Da Deuterium sehr leicht ist und nur aus zwei Nukleonen besteht, sollten die kleinen Geschosse den Goldkern einfach durchqueren, ohne ihn sehr stark aufzuheizen. Deshalb dürfte hier kein Quark- Gluon-Plasma entstehen, das die Jets schlucken könnte. Und in der Tat: Bei Stößen zwischen Gold und Deuterium konnten die Physiker Jets nach beiden Seiten nachweisen.

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Stand: 23.01.2004

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Inhalt des Dossiers

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