Nur wenige Naturereignisse rufen zu gleichen Teilen soviel Faszination und Schrecken hervor, wie Hurrikans. Die gewaltigen Sturmwirbel rasen über die tropischen Meere und Küsten hinweg und verwüsten ganze Regionen. Dabei folgen sie unbeirrbar ihrem von unsichtbaren Einflüssen vorgegebenen Pfad und zerstören alles, was sich ihnen in den Weg stellt. Verhindern oder beherrschen lassen sich die Stürme nicht, Meteorologen und Klimaforscher suchen daher nach Methoden, die wenigstens die Vorhersage der Zugbahnen und der Wanderungsgeschwindigkeiten von Hurrikans ermöglichen.
Einer von ihnen ist Yoshio Kurihara vom amerikanischen Laboratorium für Geophysikalische Strömungsdynamik (GFDL). Seit zwei Dekaden arbeiten er und sein Team daran, ein Modell zu entwickeln, das dazu beiträgt, die Mechanismen, die die tropischen Wirbelstürme entstehen lassen, besser zu verstehen. Auch wenn die Beobachtungsdaten der Wettersatelliten und Wetterflugzeuge, und die Methoden, diese Daten in die bestehenden Modelle zu integrieren, sich im Laufe dieser Zeit erheblich verbessert haben, für die Hurrikanvorhersage reichte es noch immer nicht aus.
Die bisher gängigen Klima- und Wettermodelle waren nicht genau genug, um die kritischen Schwellenwerte für die Auslösung eines Wirbelsturms sicher zu identifizieren. Und auch die Faktoren, die die Entwicklung eines frisch entstandenen „Babyhurrikans“ und vor allem seinen Zugweg bestimmen, ließen sich mit den alten Simulationen nicht integrieren und auswerten. Deshalb machten sich die Forscher daran, ein eigenes Modell zu entwickeln, in das die grundlegenden Prozesse bei der Entstehung und während des Lebenyszyklus eines Hurrikans mit eingegangen sind.
Seinen ersten Test durchlief das neue Vorhersagemodell während der Hurrikansaison des Jahres 1993. Ende August sagten konventionelle Prognosemodelle voraus, das sich der Wirbelsturm Emily von seiner „Wiege“ in der Karibik aus nach Westen in Richtung der Küste von Georgia bewegen würde. Die neue Simulation des GFDL war jedoch ganz anderer Meinung. Es prognostizierte eine erheblich weiter nördlich verlaufende Zugbahn und sagte schwere Hurrikanstürme für die Region um Cape Hatteras in North Carolina voraus. Zwei Tage später bewahrheitete sich diese Prognose: Emily hinterließ massive Schäden an der Küste von North Carolina, bevor der Sturm, wie ebenfalls vom GFDL-Modell vorhergesagt, nach Nordosten abdrehte.
Angesichts dieser und weiterer erfolgreicher Testläufe ist das Modell inzwischen vom Nationalen Meteorologischen Zentrum der USA zu ihrem Standard-Hurrikan-Vorhersagemodell gemacht worden. Die zwei Jahrzehnte dauernde Arbeit von Kurihara und seinem Team hatte sich bezahlt gemacht.
Stand: 27.01.2001