Bei jedem Kraftwerk ist eine der wichtigsten Fragen der Wirkungsgrad: Wie viel der Energie, die reingeht, wird auch in die gewünschte Energieform – Strom oder Wärme – umgesetzt? Bei der Erde muss dafür betrachtet werden, wie aus dem einfallenden Sonnenlicht für uns konkrete nutzbare Energieformen werden. Der maximale Wirkungsgrad in der Umsetzung von Wärme in Leistung ist bekannt als der Carnot-Wirkungsgrad.
Aus Wärme wird Wind
Im Erdsystem entsteht der Antrieb für verschiedene nutzbare erneuerbare Energien nicht durch Verbrennung, sondern durch unterschiedlich starke Erwärmung der Erdoberfläche. Sie entsteht durch die unterschiedlichen Neigungen der Erdoberfläche zum einfallenden Sonnenlicht. In den Tropen fällt das Licht dadurch steiler ein als beispielsweise in den Polargebieten, und die Oberflächen dieser Regionen werden unterschiedlich stark erwärmt. Dieser Unterschied in der Erwärmung ist es auch, der den Antrieb für die Windenergie liefert. Denn er erzeugt die großskalige atmosphärische Zirkulation.
Wie viel Windenergie die Erde bereitstellt, ist daher nicht unbegrenzt. Die Grenzen der natürlichen Erzeugung von kinetischer Energie lassen sich dabei mithilfe eines einfachen Modells bestimmen. Das Modell beschreibt die Energiebilanz der Tropen und der Polargebiete sowie eine Wärmekraftmaschine, die durch den Temperaturunterschied angetrieben wird und Windenergie erzeugt. Je mehr Wärme diese Maschine nutzt und dabei von den Tropen in die Polargebiete transportiert, desto mehr Leistung kann diese Maschine erzeugen. Allerdings wird mit zunehmendem Wärmetransport der Temperaturunterschied ausgeglichen, was die Leistung vermindert.
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Globale Leistung von 1.000 Terawatt
Dies führt zu einem maximalen Wirkungsgrad von lediglich zwei Prozent, oder zu einer maximalen globalen Leistung von etwa 1.000 Terawatt. Das Erstaunliche hierbei ist nicht, dass es diese Grenze gibt, sondern dass die aus Beobachtungen ermittelte Leistung der Atmosphäre tatsächlich in dieser Größenordnung liegt. Die Atmosphäre operiert demnach nahe an ihrer theoretisch maximalen Leistung. Diese Feststellung wurde mit detaillierten Modellsimulationen der atmosphärischen Zirkulation bestätigt.
Und auch diese zwei Prozent nicht komplett für die Gewinnung von Strom nutzbar. Die Bewegungsenergie des Windes wird über die gesamte Atmosphäre verteilt und durch Reibung an der Oberfläche wieder in Wärme umgewandelt. Ein Teil der Bewegungsenergie der Atmosphäre verrichtet weitere Arbeit: Über dem Ozean treibt Wind die Wellenbildung an, wobei ein Teil der Bewegungsenergie des Windes in Wellenenergie umgewandelt wird.
Ein Teil der Wellenenergie geht schließlich in der Bewegungsenergie der Ozeanströmungen auf. Ebenso treibt Luftbewegung die Verdunstung an der Oberfläche sowie die Kondensation von Wasserdampf in der Atmosphäre an, und damit den globalen Wasserkreislauf. Regnet das Wasser über Land ab, so erreicht es höhergelegene Oberflächen über dem Meeresspiegel. Die damit verbundene potenzielle Energie wird genutzt für den Wassertransport in Flusssystemen.
Axel Kleidon, Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena / MPG Jahrbuch
Stand: 31.10.2013