Die Frage nach den Ursachen für die rätselhafte Hitzebeständigkeit der Thermophilen ließ den Forschern keine Ruhe. Wissenschaftler schwärmten aus und suchten nach vergleichbaren Extremisten. In Forschungslabors rund um die Welt wurde fieberhaft nach den molekularen Ursachen für dieses rätselhafte Phänomen gefahndet. Dabei zeigte sich, dass das Yellowstone-Bakterium, Thermus aquaticus, kein Einzelfall war. Hitzeliebende Mikroorganismen tummelten sich ebenso in den Geysiren Islands, vulkanischen Quellen auf Hawaii und sogar in den Unterwassergeysiren der Mittelozeanischen Rücken.
Seltsamerweise ergaben Untersuchungen der Thermophilen-Enzyme keineswegs dramatische Unterschiede zu ihren weniger toleranten Verwandten. Es scheint, dass bei ähnlicher Struktur vor allem eine erhöhte Anzahl an ionischen Bindungen und anderen strukturerhaltenden Elementen zwischen den einzelnen Komponenten der Enzyme für die ungewöhnliche Stabilität sorgen. Sie können die normalerweise ab Temperaturen von 60 Grad eintretende Hitzezersetzung offenbar zumindest teilweise verhindern und hinauszögern.
Doch nicht nur die Enzyme der Thermophilen müssen hitzeresistent sein, auch die Erbsubstanz und alle mit der Weitergabe und Umsetzung der in ihr enthaltenen Information verbundenen Stoffwechselvorgänge sind unter normalen Umständen hitzeanfällig. Offenbar gelingt es den Mikroben, mithilfe eines noch nicht bekannten Mechanismus insbesondere ihre RNA vor dem Hitzezerfall zu schützen. Forscher fanden heraus, dass alle Hyperthermophilen ein spezielles, ebenfalls hitzeresistentes Enzym namens Reverse Gyrase enthalten, dass die DNA dazu veranlasst, sich in eine bestimmte, hitzestabile Struktur umzulagern.
Doch auch wenn den Forschern schon einige erste Einblicke in die Stoffwechselleistungen der Thermophilen gelungen sind, die meisten Mechanismen, die die Mikroorganismen zu ihren erstaunlichen Anpassungsleistungen befähigen, sind bis heute noch ungeklärt.
Inzwischen kennt man mehr als 50 verschiedene Arten von Hyperthermophilen – und ein Ende ist nicht abzusehen. Eines von ihnen, das in den Wänden der „schwarzen Raucher“ lebende Bakterium Pyrolobus fumarii, gedeiht nicht nur am besten bei Temperaturen von 105 Grad, es stellt auch sein Wachstum ein, sobald die Temperatur unter 90 Grad sinkt – es ist ihm einfach zu kalt.
Noch ist nicht klar, wo die Obergrenze für diese Überlebenskünstler liegt. Bei 200 Grad oder vielleicht sogar bei 300? Keiner weiß es bisher mit Sicherheit, Wissenschaftler gehen allerdings davon aus, das bei 150 Grad eigentlich Schluss sein müsste. Bei diesen Temperaturen, so glauben die Forscher, kann keine Lebensform – mit welchen Tricks auch immer – verhindern, dass die chemischen Verbindungen, die die DNA und andere lebenswichtige Moleküle zusammenhalten, unwiderruflich zerstört werden. Doch wer weiß, die Natur hat die Biologen mit ihren Annahmen und vermeintlichen Regeln schon einmal eines Besseren belehrt – vielleicht wartet irgendwo schon ein Superhyperthermophile auf seine Entdeckung…
Stand: 26.05.2001