Die Ursprünge der Weltwunderliste gehen vermutlich auf Herodot zurück. Der Geschichtsschreiber lebte Mitte des 5. Jahrhunderts vor Christus in Halikarnassos, dem heutigen Bodrum (Türkei). Herodot bestaunte die großartigen Monumente seiner Zeit und beschrieb sie. Allerdings waren nicht alle Weltwunder dabei, da er zweihundert Jahre vor dem Bau des letzten lebte.
Die älteste Überlieferung für die Sieben Weltwunder ist ein Epigramm – ein kurzes Gedicht – von Antipatros von Sidon, einem Dichter des 2. Jahrhunderts vor Christus. Seine Liste war eine Art Reiseführer des Altertums. Dort wurde auch noch die Stadtmauer von Babylon aufgeführt, doch Gregor von Tours „tauschte“ sie im 6. Jahrhundert nach Christus durch den Leuchtturm von Alexandria aus. Der Turm zu Babel, ohne Zweifel auch ein Wunderbauwerk, konnte nicht in die Liste aufgenommen werden, weil er zu der damaligen Zeit schon zerstört war.
Im Prinzip lässt sich die Entstehung der ursprünglichen Liste sehr genau anhand der Entstehungszeit der beiden jüngsten Bauwerke – dem Koloss von Rhodos und dem Leuchtturm von Alexandria – eingrenzen. So wurde der Koloss zwischen 290 und 280 vor Christus erbaut, fiel aber schon 226 vor Christus einem Erdbeben zum Opfer. Die erste und ursprüngliche Weltwunderliste kann also nur zwischen 280 und 226 vor Christus entstanden sein. In dieser Zeit war es ein regelrechtes Gelehrten-Hobby Inventar- und Ranglisten jeder Art aufzustellen.
Wahrscheinlich ist die Weltwunderliste deshalb in Kleinasien entstanden, weil vier der Weltwunder – die Hängenden Gärten von Babylon, der Artemis-Tempel von Ephesos, das Mausoleum von Halikarnassos und der Koloss von Rhodos – sich im östlichen Mittelmeergebiet befinden. Wäre die Liste in Alexandrien entstanden, was zu Beginn vermutet wurde, so wären sicherlich die Pyramiden nicht die einzigen ägyptische Bauwerke auf der Liste gewesen.
Im Laufe der Zeit wurde die Weltwunderliste immer wieder verändert und erweitert, je nachdem aus welchem Land der Verfasser kam. So ergänzten römische Schriftsteller die ursprüngliche Liste um das Kapitol, das Kolosseum und sogar um die gesamte Stadt Rom. Auch die Arche Noah und die Hagia Sophia im heutigen Istanbul erschienen zeitweise auf der Liste. So kam es, dass um das 13. Jahrhundert nach Christus aus den sieben Wundern ein ganzer Katalog mit mindestens 30 einmaligen Bauwerken – meist Tempel und Kultstatuen – wurde.
Doch die allgemeine Begeisterung hielt nicht lange an, die Monumente verfielen nach und nach und gerieten in Vergessenheit. Endgültig festgelegt wurden die Sieben Weltwunder dann erst in der Renaissance. Zu der Zeit interessierten sich die Gelehrten plötzlich wieder sehr für die Welt der Antike und konnten aufgrund des Zeitabstandes objektiv die beeindruckendsten Bauwerke bestimmen. Zumindest das wenige Wissen über die Weltwunder konnte durch die von Arabern entdeckten alten Schriften gerettet werden.
Stand: 26.07.2001