Das Wasserversorgungsunternehmen des Ortes Somers im amerikanischen Connecticut braucht dringend einen zusätzlichen Trinkwasserbrunnen. Gesucht wird ein optimaler Standort dafür. Vorgabe: Der Brunnen darf nicht weiter als eine halbe Meile – 800 Meter – von der Wasserversorgungszentrale entfernt liegen. In einem Gemeinschaftsprojekt mit der lokalen Umweltbehörde setzt der US Geological Survey für diese Standortsuche ein GIS ein. Doch was genau „tut“ das Geoinformationssystem dabei? Das USGS hat die einzelnen Schritte dokumentiert und so nachvollziehbar gemacht:
1. Kriterium: Nähe zum Wasserwerk
Das GIS wird zunächst mit digitalen Karten des Gebietes und der dort ansässigen Wasserversorgungsunternehmen „gefüttert“, eingezeichnet ist auch der Auftraggeber der Brunnensuche. Um diesen wird mithilfe der „Pufferfunktion“ des GIS eine Halbmeilenzone erstellt. Sie dient als „Fenster“ für alle folgenden Schritte, nur was innerhalb dieser Zone geschieht, ist im folgenden relevant für die Entscheidung.
Kriterium: Flächennutzung
Als nächstes wird eine digitale Flächennutzungskarte in das GIS eingespeist. Sie zeigt, dass Teile des Gebietes stark, andere gering genutzt werden. Mithilfe des GIS werden die weniger genutzten und damit für einen Brunnen geeigneten Bereiche herausgefiltert.
3. Kriterium: Wasserqualität
Im Gebiet verlaufen einige Flüsse und Bäche. Aus laufenden Wasserüberwachungen ist bekannt, dass einige von ihnen stark verschmutzt sind. Damit ihr Wasser nicht in den neuen Brunnen einsickert und ihn verunsichert, darf dieser nicht in der Nähe eines solchen Baches liegen. Im GIS wird daher um jeden dieser Bäche eine 100 Meter Sperrzone gelegt. Diese Sperrzonen werden mit den bisherigen Karten so verrechnet, dass in der resultierenden Karte die Sperrzonen von jeder weiteren Bearbeitung ausgenommen sind.
4. Kriterium: Abstand zu Kontaminationsquellen
Um eine Kontamination des zukünftigen Brunnens auszuschließen, wird das Sperrzonenprinzip auch für andere mögliche Verschmutzungsquellen angewandt. Die Daten über die Lage und Art der potenziell trinkwassergefährdenden Unternehmen liefert die Umweltbehörde. Sie werden ebenfalls in das GIS eingegeben und mit einer 500 Meter Sperrzone versehen. Auch sie scheiden nun für alle weiteren Schritte als Brunnenstandort aus.
5. Kriterium: Beschaffenheit des Untergrunds
Nicht jeder Untergrund gibt genügend Wasser für einen Brunnen her. Um herauszufinden, wo die ergiebigsten Stellen liegen, wird nun eine digitale Karte der Oberflächengeologie in das GIS eingespeist. Die Region um den Ort Somers ist vor allem durch eiszeitliche Ablagerungen geprägt. Von diesen bewerten die Hydrogeologen Sand und Kies als die potenziell wasserreichsten Materialien. Sie werden ausgewählt und mit den Ergebnissen der bisherigen Berechnungen kombiniert. Die resultierende Karte zeigt nun alle Sand- und Kiesgebiete, die weniger als eine halbe Meile vom Wasserwerk entfernt sind, aber weiter als 100 Meter von verschmutzten Bächen und mehr als 500 Meter von sonstigen potenziellen Kontaminationsquellen.
6. Kriterium: Sedimentdicke
Doch nicht nur die Art des Untergrunds ist für einen geeigneten Standort wichtig, auch seine vertikale Struktur spielt eine entscheidende Rolle: Die wasserführende Sand- oder Kiesschicht muss dick genug sein. Darum wird nun in einem nächsten Schritt eine Karte ins GIS eingelesen, die die Lage des Felsuntergrunds zeigt. Das GIS zieht nun für jeden Punkt auf der Karte diese Tiefenangaben von den Höhenangaben einer Oberflächenkarte ab. Das Ergebnis ist die Schichtdicke des auf dem Fels aufliegenden Sediments.
7. Kriterium: Größe
Als letzter Schritt sollen nun alle Gebiete ausgeschlossen werden, die zwar prinzipiell geeignet sind, aber zu klein. Dazu wird eine GIS-Funktion eingesetzt, die automatisch solche Flächen auf der Karte identifiziert und ausschließt.
Ergebnis:
ErgebniskarteAm Ende bleiben sechs potenziell geeignete Standorte übrig. Das GIS hat die verschiedenen Kriterien in eine Ergebniskarte übersetzt und damit seinen Teil getan. Jetzt sind die Verantwortlichen des Wasserwerks und ihre Trinkwasserexperten wieder am Zug. Sie müssen nun mithilfe der Karte und einem Besuch bei allen sechs „Kandidaten“ die endgültige Entscheidung treffen.
Stand: 19.03.2003