Die meisten Zellen unseres Körpers sind Spezialisten. Sie unterscheiden sich in Funktion und Aufbau. Die Fähigkeit sich zu teilen ist ihnen natürlich allen gemein, doch auch eine andere wichtige Eigenschaft verbindet sie: Wenn es die Situation erfordert, begehen sie Selbstmord.
Und das ist gut so, denn würden sie es nicht tun, wögen wir, allein aufgrund des ungeregelten Wachstums von Lymphknoten und Knochenmark, mit 80 Jahren über zwei Tonnen und auch der Nutzen eines 16 Kilometer langen Darmes erscheint zweifelhaft. Genetisch fehlerhafte Zellen würden ohne Apoptose ihr Erbgut ungehindert weitergeben und schon die normale embryonale Entwicklung des Menschen wäre undenkbar. Denn ohne die Möglichkeit, gezielt Zellen zu entfernen, könnten sich mehrzellige Lebewesen bestenfalls zu Kugeln entwickeln.
Die Bedeutung dieses Vorgangs wird dort besonders deutlich, wo er gar nicht oder fehlerhaft funktioniert. Krebs, AIDS, multiple Sklerose, Alzheimer, Parkinson … Die Liste der Leiden, an denen die Störung der Apoptose einen gewichtigen Anteil hat, klingt wie eine Aufzählung unserer schlimmsten Ängste und Befürchtungen in Bezug auf Krankheiten. Und so ist es nicht verwunderlich, dass weltweit mit großem Aufwand versucht wird, die Mechanismen des programmierten Zelltodes aufzuklären. Denn eines steht außer Frage: Würde man die Apoptose gezielt regulieren können, hätten die Mediziner ein mächtiges Werkzeug in der Hand um Leben zu retten und Leiden zu mindern.
Suizid zum Wohle des Organismus
Die evolutionären Wurzeln des programmierten Zelltodes finden sich wahrscheinlich in der reinen Notwendigkeit, den Organismus vor Krankheitserregern zu schützen. Eine einzelne infizierte Zelle schützt den umgebenden Zellverband und damit den gesamten Organismus vor einer Ausbreitung der Erkrankung, indem sie Selbstmord begeht und so auch den Erreger mit in den Tod nimmt. In einer Art Wettrüsten haben die Viren jedoch ihrerseits Möglichkeiten entwickelt, den Ablauf des Selbstmordprogramms zu unterbrechen. Die Zellen verfeinerten auf der Gegenseite ihre Strategien bis zur heutigen Komplexität.