Phänomene

Wunderdroge Koffein

Eine pflanzliche Waffe als Wachmacher

Ob zum Wachwerden, Lernen oder Arbeiten im Büro: Ohne Kaffee geht es nicht. Davon sind wohl viele Menschen felsenfest überzeugt. Verantwortlich dafür ist der bekannteste Inhaltsstoff des Kaffees: das Koffein. Die Substanz entsteht bei der Photosynthese der Kaffeepflanze, ist auch in Kakao, Tee und der Kolanuss enthalten und gehört zu den Alkaloiden. Diese Stoffe sind in hohen Dosen giftig, in Maßen jedoch haben sie einen Effekt, der im Alltag oftmals wünschenswert ist.

Nur 15 bis 30 Minuten braucht das Koffein, um in unserem Körper seine Wirkung zu entfalten. Innerhalb dieser Zeit gelangt es in den Blutkreislauf und passiert dann fast ungehindert die Blut-Hirn-Schranke. Auf diese Weise erreicht es schnell das Gehirn – mit den bekannten Folgen: Man ist aufmerksamer, konzentrierter und fühlt sich weniger müde.

Koffein ähnelt in seiner chemischen Struktur dem körpereigenen Botenstoff Adenosin. © Bartosz Luka/ iStock.com

Nützliche Blockade im Gehirn

Der Grund für diesen Effekt: Koffein ähnelt in seiner chemischen Struktur dem körpereigenen Botenstoff Adenosin. Dessen Aufgabe ist es, das Gehirn gewissermaßen vor Überanstrengung zu schützen und dem Organismus Müdigkeit zu signalisieren. Zu diesem Zweck bindet er an bestimmte Rezeptoren auf den Nervenbahnen und signalisiert den Zellen dadurch, etwas weniger zu arbeiten. Koffein jedoch kann ebenfalls an diese Rezeptoren binden. Dadurch blockiert es den Zugang für das hemmende Adenosin, das normalerweise für Beruhigung und Dämpfung sorgen würde.

Doch die Wachmacher-Substanz stimuliert nicht nur das zentrale Nervensystem. Sie verursacht auch eine Anregung von Herz und Kreislauf. Dabei werden die Stresshormone Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet. Insbesondere bei höheren Dosen schlägt das Herz dann spürbar schneller und der Blutdruck steigt.

In Maßen unbedenklich

Bei anfälligen Menschen kann zu viel Kaffeekonsum daher mitunter zu Herzrasen und anderen Nebenwirkungen führen, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt. Neuere Studien deuten zudem darauf hin, dass das Koffein nicht nur anregend wirkt – sondern womöglich sogar tief in die Regulation unseres biologischen Rhythmus eingreift und unsere innere Uhr verschieben kann.

In Maßen genossen ist Koffein nach Meinung von Experten jedoch unbedenklich. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit bewertet Einzeldosen von bis zu 200 Milligramm und eine über den gesamten Tag verteilte Koffeinaufnahme von bis zu 400 Milligramm für gesunde Erwachsene als unproblematisch. Zum Vergleich: Eine Tasse Filterkaffee von 150 Millilitern enthält je nach Zubereitungsart 50 bis 100 Milligramm Koffein.

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Wie viel Koffein vertragen wird, ist individuell jedoch sehr unterschiedlich. So kann sich der Körper bis zu einem gewissen Grad an die anregende Wirkung der Substanz gewöhnen. Wer seine persönliche Tagesdosis bereits überschritten hat, aber immer noch nach Schwung sucht, könnte es alternativ mit einer Schnuppereinheit versuchen. Denn Forscher haben Hinweise darauf gefunden, dass schon der Duft des Kaffees ausreicht, um Körper und Gehirn auf „wach“ zu programmieren.

Insektizid mit Suchtwirkung

Für uns kann Koffein mitunter nützlich sein – so viel ist klar. Warum aber produziert die Kaffeepflanze diese Substanz überhaupt? Ein Grund ist die Schädlingsabwehr: Das Koffein in den Blättern der Pflanze wirkt wie ein Insektizid und bekämpft unerwünschte Gäste. In den Früchten und Samen der Kaffeepflanze erfüllt der Inhaltstoff dagegen einen anderen Zweck. Dort hemmt er das Wachstum von Samen konkurrierender Pflanzen, die sich in unmittelbarer Nähe befinden. So ermöglicht es den Keimlingen, aufzuwachsen ohne überwuchert zu werden.

Darüber hinaus verfügt das Koffein über eine weitere raffinierte Wirkung: Es macht Bestäuberinsekten süchtig. Haben Bienen und Co einmal vom Nektar des Kaffees gekostet, bevorzugen sie diesen Geschmack fortan gegenüber dem anderer Blüten. Auf diese Weise sichert sich die Pflanze die anhaltenden Dienste der nützlichen Insekten – und kann ihnen womöglich sogar problemlos minderwertigen Nektar unterjubeln.

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Daniela Albat
Stand: 07.07.2017

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Kaffee
Das "schwarze Gold"

Eine Bohne erobert die Welt
Die Wiege des Kaffees und seine Verbreitungswege

Wunderdroge Koffein
Eine pflanzliche Waffe als Wachmacher

Gesunder Genuss
Moderater Kaffeekonsum tut Geist und Körper gut

Bedrohte Bohne
Wird Kaffee durch den Klimawandel zum Luxusgut?

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