Das Leben der meisten Pflanzen und Tiere ist von Zyklen und Rhythmen bestimmt. Viele wichtige Zeitgeber werden von der Sonne angegeben. Über die Gezeiten der Meere herrscht jedoch fast ausschließlich der Mond. Damit ist er für Lebewesen, die nahe der Meeresoberfläche und vor allem für jene, die im Gezeitenbereich leben, ein bedeutender Zeitgeber.
Einige Tierarten wurden bereits auf ihre »Mondtauglichkeit« untersucht, wobei beobachtet wurde, dass Arten der Gezeitenzone, die lunare Rhythmen von Ebbe und Flut angenommen hatten, um ihren Tagesablauf ungefährlich gestalten zu können. Beispielsweise verlässt die Winkerkrabbe bei Niedrigwasser ihre Höhle, um auf Nahrungssuche zu gehen. Rechtzeitig mit dem Herannahen der Flut begibt sie sich wieder in die schützende Höhle. Dieser Rhythmus verhindert, dass das Tier von der Flut überrascht und ins Meer gespült wird, was tödlich wäre.
Vollmond beeinflusst Fortpflanzung
Tiere, die im tieferen Wasser wohnen, orientieren ihre Fortpflanzung gerne am Mond. Im Meer ist es das einfachste, seine Fortpflanzungszellen einfach in den Wasserkörper abzugeben und darauf zu vertrauen, dass männliche und weibliche sich irgendwann treffen. Diese Methode ist nicht sehr aufwendig, doch ganz ohne Synchronisation wäre sie doch zu unsicher. Der Palolo-Wurm lebt in der Südsee in Korallenriffen. Jedes Jahr in der siebten Nacht nach dem ersten Vollmond nach Herbstbeginn stoßen tausende Würmer ihre mit Eiern oder Spermien gefüllten Hinterenden – die »Palolos« – ab, deren Hüllen an der Meeresoberfläche platzen, Eizellen und Spermien vermengen sich.
»Der Zyklus des Palolo-Wurmes war schon sehr früh bekannt, weil die Palolos bei den ansässigen Fischern als Delikatesse gelten«, so der Wiener Zoologe Ewald Gingl. »Doch auch Fische werden von diesem überwältigenden Nahrungsangebot angelockt. Wäre der Zyklus des Palolo-Wurmes da nicht exakt festgelegt, so würden nach und nach alle Palolos gefressen werden. Dieses plötzliche Überangebot überfordert selbst die Fressfeinde.«
Stand: 01.12.2006