Psychedelika gelten zwar heute wieder vermehrt als mögliche medizinische Hilfsmittel, doch aufgrund der eintretenden sogenannten „Horror Trips“ und anderer Nebenwirkungen bleibt der Einsatz dieser Substanzen umstritten.
Nicht immer Glückserlebnis
Während die Erlebnisse nach der Einnahme von Psychedelika von vielen als positiv empfunden werden und sich in Form von Euphorie ausdrücken, kann es auch zu Horrortrips kommen. Dabei nehmen die Betroffenen zum Beispiel riesige Insekten oder Monster wahr, stellen sich etwa Verfolgungen vor, bekommen Panik– und Angstattacken sowie Todesangst und können für Wochen anhaltende Wahrnehmungsstörungen, sogenannte „Flashbacks“, bekommen.
Ob solche negativen Erlebnisse auftreten, hängt unter anderem von der mentalen Verfassung und der Erwartungshaltung ab. Beispielsweise erleben Personen mit Schizophrenie meist negative Trips und die durch ihre Erkrankung bedingten Psychosen können sich im Anschluss verstärken. Zudem beeinflusst auch die Umgebung, in der man den Trip erlebt, ob es ein Horrortrip wird. Fehlen ein vertrautes Umfeld und ein sogenannter Tripsetter – eine nüchterne Person, die den Trip begleitet und mit einem spricht – kann es häufiger zu negativen Erlebnissen kommen.
Nicht zu unterschätzende Nebenwirkungen
Für alle Psychedelika gilt auch, dass nach der Einnahme mit körperlichen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Insbesondere bei LSD sind sie nicht selten: Häufig treten Übelkeit, Schweißausbrüche, Gleichgewichtsstörungen und Herzrasen auf. Auch zu Krämpfen, Zähneknirschen und Schwankungen der Körpertemperatur kann es kommen. Außerdem führen die verzerrte Wahrnehmung und die Selbstüberschätzung während des mehrstündigen Trips häufig zu Unfällen und Verletzungen.
In dem Zeitraum, in dem die Wirkung von LSD, Psilocybin und Co. nachlässt, können zudem eine allgemeine Erschöpfung und depressive Phasen sowie Schlafstörungen über mehrere Tagen folgen. Ursache hierfür sind die entleerten Serotoninspeicher im Gehirn. Nimmt man in diesem Zeitraum erneut ein Psychedelikum, wirkt es deutlich schlechter, sodass man höhere Dosierungen braucht, um wieder einen positiven Trip zu erleben. Zu Langzeitfolgen etwa bei Ketamin gelten Verwirrtheit und Gedächtnisstörungen sowie Harnschäden.
Die Dosis macht das Gift
Auch die eingenommene Dosis des Psychedelikums ist entscheidend: Zwar besteht bei den meisten Psychedelika wie LSD keine Gefahr einer körperlichen Abhängigkeit wie bei Opiaten, Amphetaminen oder Kokain. Jedoch können Überdosierungen der Substanzen dazu führen, dass psychische Erkrankungen entstehen: Nimmt man etwa zu viel LSD, kann das zu anhaltenden Wahnvorstellungen führen. Bei MDMA und Ketamin ist eine psychische Sucht zudem nicht ausgeschlossen.
Besonders gefährlich kann auch die Mischung mehrerer psychedelischer Substanzen werden: Beispielsweise wird für den in Brasilien, Bolivien oder etwa Peru traditionellen Pflanzensud „Ayahuasca“ DMT mit anderen Wirkstoffen gemischt. Die Folge ist, dass die Psychedelika so in hohem und unkontrollierbarem Maß unter anderem auf die Serotonin-Rezeptoren wirken. Dadurch kann im schlimmsten Fall die Steuerung der Atemmuskeln nachlassen. Es kommt zu Kurzatmigkeit, Atembeschwerden und sogar zum Atemstillstand.
Eingeschränkt zulassen?
Während eine Legalisierung von LSD und Co zurzeit nicht zur Debatte steht, könnten die Psychedelika unter kontrollierten Bedingungen durchaus eine Zukunft haben. Befürworter psychedelischer Therapien halten es dabei für sinnvoll, kontrollierte, qualitativ hochwertige Psychedelika zu erlauben. „Psilocybin in einer psychiatrischen Universitätsklinik einzunehmen, ist etwas anderes als auf einem Musikfestival“, so Andrea Jungaberle von der MIND Foundation.
Die Wissenschaftler betonen jedoch, dass die Auswahl, Dosierung und Einnahme der Substanzen stets von Therapeuten begleitet werden sollten, die auch über Gefahren aufklären und auf ausreichend zeitliche Abstände zwischen den Sitzungen achten. Andere Experten sehen eine Legalisierung selbst für solche Zwecke kritischer und schlagen zusätzlich zu den kontrollierten Sitzungen die Einführung eines Führerscheins für Psychedelika vor, der bestimmt, welche Personen die Substanzen einnehmen dürfen und welche nicht. Auch Verifizierungen für Apotheken, Ärzte und Therapeuten seien nötig.
Noch mehr Forschung nötig
Bevor psychedelische Therapien derart umgesetzt werden können, müssen die Forschungen mit Psychedelika weitergeführt und größer angelegt werden. Können die therapeutischen Vorteile der Wirkstoffe auch in künftigen Studien bestätigt werden, müssen zudem erst noch Therapeuten für die Vergabe der psychedelischen Substanzen geschult werden. Bis es soweit ist, wird also noch einige Zeit vergehen.
Deshalb ist es laut mancher Forscher womöglich langfristig nützlicher, nach therapeutischen Mitteln zu suchen, die die gleiche Wirkung haben, aber weniger Nebenwirkungen hervorrufen. Daran forschen beispielsweise Chunyang Dong von der University of California und sein Team: Mit Hilfe eines Fluoreszenz-Sensors konnten die Wissenschaftler bei Untersuchungen der Serotonin-Rezeptoren von Mäusen bereits ein bisher nicht untersuchtes Molekül identifizieren, das das Potenzial hat, ohne halluzinogene Wirkungen auf Signalwege im Gehirn einzuwirken.
Eine weitere Möglichkeit, die Psychedelika-Wirkung zu imitieren, entdeckten Jay Olson von der McGill University in Montreal und seinen Kollegen in einem Experiment, bei dem Probanden nur zum Schein halluzinogene Substanzen bekamen. Es legte nahe, dass bereits der Placebo-Effekt einen Trip auslösen kann. So berichtete die Mehrheit der Teilnehmenden unter anderem von typischen Halluzinationen, obwohl keinerlei Wirkstoff enthalten war.
„Angesichts der jüngsten Wiederentdeckung der psychedelischen Therapien für Störungen wie Depression und Angstzustände könnten Mediziner solche kontextuellen Faktoren nutzen, um die gewünschten Effekte mit weit geringeren Dosierungen der Wirkstoffe zu erzielen“, folgerte Olson. „Das würde die Sicherheit solcher Behandlungen weiter erhöhen.“