Jenseits der großen Schlagzeilen zum Thema Wandel hat auf der Erde eine epochale Veränderung stattgefunden: Seit wenigen Jahren leben erstmals mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Und der Trend der Urbanisierung setzt sich fort. Gegenwärtig wachsen die Städte insbesondere in Asien und Afrika in atemberaubendem Tempo. Innerhalb weniger Jahre wuchern Megastädte heran, es bilden sich ausgedehnte Stadtlandschaften und ganze Landstriche werden völlig zersiedelt.
Lebensform der Zukunft
Und auch die Zukunft ist städtisch. Rund 7,2 Milliarden Menschen leben heute auf der Erde. Im Jahr 2050 sollen es bereits neun Milliarden sein. Siebzig Prozent davon werden dann in Städten wohnen. Städte werden künftig für neunzig Prozent des Bevölkerungswachstums, für achtzig Prozent des Wohlstandszuwachses sowie für etwa sechzig Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich sein.
Den urbanen Ballungsräumen kommt daher als den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentren eine Schlüsselrolle zu. Hier entsteht Neues, hier wird die Zukunft vorgelebt. Hier wird entschieden, wie künftige Generationen leben und wirtschaften. Doch bewusste Siedlungsentwicklung braucht Wissen. Wissen über den Zustand und die Dynamik des urbanen Systems und insbesondere über seine Wechselwirkungen mit der umgebenden Natur- und Kulturlandschaft.
Blick auf die Städte
In welchem Maße schädigen Städte die Umwelt, etwa durch „Flächenfraß“, Ressourcenverbrauch, Luft- und Wasserverschmutzung oder den Verlust an Biodiversität? Wie stark sind die Städte selbst durch Naturgefahren und durch den Klimawandel bedroht? Wie haben sich die Städte in der Vergangenheit entwickelt und wie geht es weiter?
Das weltweite Stadtwachstum hat regionale Wurzeln, aber auch gemeinsame Treiber und Ursachen. Diese zu erkennen, erfordert, sie global zu betrachten. Genau hier kann die Erdbeobachtung einen wertvollen Beitrag leisten. Sie hilft, städtische Siedlungsformen von ländlichen zu differenzieren, sie zu kategorisieren und abzugrenzen. Satellitenbasierte Geoinformationen liefern ein aktuelles Bild der Verstädterung, ermöglichen es aber auch, deren Veränderung über die Zeit zu beschreiben.
Stadtkartierung per Satellit
Satelliten erlauben es, die Erdoberfläche kontinuierlich zu kartieren. Mit ihrer Hilfe können Wissenschaftler erfassen, wie viele Wälder gerodet, Ackerflächen verloren, Siedlungen erbaut
wurden. Doch bislang fehlte es gerade der globalen Betrachtung von Siedlungsflächen an Schärfe, lassen sich doch Siedlungen und Verkehrsflächen im optischen Satellitenbild häufig nicht eindeutig auseinanderhalten.
Nun haben Wissenschaftler des Deutschen Fernerkundungsdatenzentrums (DFD) am Earth Observation Center (EOC) des DLR mit einer neu entwickelten Methode weltweit Städte neu kartiert, und zwar in bislang unerreichter räumlicher Auflösung. Mit einer vollautomatischen Bildanalyse
ist auf der Grundlage von Radardaten eine globale Siedlungsmaske mit einer Auflösung von zwölf Metern entstanden – der „Global Urban Footprint“.
Dr. Thomas Esch / DLR-Magazin
Stand: 29.05.2015