Den Germanen, vor allem aber den Kelten, galt die Mistel als heilig. Sie war Kult-, Zauber- und Heilmittel zugleich. Wohl jedem, der die Asterix-Hefte gelesen hat, ist noch der Druide Miraculix in Erinnerung, der auf einem Baum sitzend Misteln sammelt, um daraus seine Zaubertränke zu brauen. Er – und seine realen Vorbilder in der Antike und im Mittelalter – behandelten verschiedenste Krankheiten mit der Mistel: Epilepsie, Brustenge sowie Fruchtbarkeits- und Geburtsstörungen. In einigen Teilen Deutschlands wurde die Mistel noch bis zum 19. Jahrhundert als Allheilmittel verwandt.
„Krebsgeschwulst“ auf gesundem Baum
Anfang der zwanziger Jahre beschrieb der Anthroposoph Rudolf Steiner die Mistel erstmals im Rahmen seiner anthroposophischen Pflanzensignaturen als möglicherweise für die Behandlung menschlicher Krebserkrankungen geeignet. Grundlage war die eigenartige Botanik der Mistel, die ihr in der Pflanzenwelt eine Sonderrolle zuschrieb: Die Mistel wird als eine Art Krebsgeschwulst auf dem gesunden "Organ" Baum gesehen. Denn sie wächst als Halbschmarotzer auf dem Baum, der zar selbst Photosynthese durchführt, aber Mineralstoffe und Wasser aus dem Wirtsbaum in sich aufnimmt. Im Gegensatz zur übrigen Pflanzenwelt bildet sie ihre Früchte im Winter.
Erste tierexperimentelle Versuche zur Wirksamkeit der Mistel führten Forscher schon im Jahr 1938 durch. Mit überzeugendem Ergebnis: 188 von 282 mit Krebs infizierten Mäusen, denen zehn bis 20 Tage lang Mistelextrakte injiziert wurden, reagierten deutlich positiv, 39 wurden sogar völlig geheilt.
Als wichtigste Inhaltstoffe der Mistel gelten die zu den Glykoproteinen gehörenden Lektine und das Polypeptid Visotoxin. Dabei wird den Lektinen eine aktivierende Wirkung auf das Immunsystem zugesprochen, während das Visotoxin zellteilungshemmend, also wie ein mildes Zellgift wirkt. Bei der Aktivierung des Immunsystems spielen außerdem auch weitere Inhaltstoffe der Mistel wie die Aminosäure Arginin, pflanzliche Poly- und Oligosaccharide, Flavonoide sowie ein recht hoher Anteil an Vitamin C eine Rolle.
Ziel: Stimulierung des Immunsystems
Bei der Krebstherapie mit Mistelextrakten geht es meist nicht unbedingt darum, dass die Tumorzellen durch die Mistelinhaltsstoffe abgetötet werden, sondern die Mediziner und Patienten hoffen hier vor allem auf die immunstimmulierende Wirkung. Ziel der Misteltherapie ist es, unter anderem auch, eine erhöhte Körpertemperatur zu erzeugen, da dann das Immunsystem auf Hochtouren arbeitet, also viele Antikörper bildet. Der Körper wird angeregt sich selbst zu heilen.
Die Misteltherapie wird meist nicht alternativ sondern ergänzend zu den bestehenden Krebstherapien, wie beispielsweise Operation, Bestrahlung und Chemotherapie durchgeführt. Mistelpräparate sollen unter anderem die Nebenwirkungen der Chemo- und Strahlentherapie vermindern. Zahlreiche Patienten berichten, dass sich durch Einnahme von Mistelextrakten ihr Allgemeinbefinden verbesserte: ihr Appetit steigerte sich, entsprechende Gewichstzunahme und ein gesteigertes Leistungsvermögen folgten, sie waren besserer Stimmung und klagten weniger über Schlafstörungen.
Stand: 23.02.2007