Noch vor dem großen Boom der Afrikaexpeditionen brach 1768 der schottische Entdecker und Abenteurer James Bruce nach Süden auf. Sein Ziel: die Quellen des blauen Nils. Bruce segelte zunächst auf dem Roten Meer bis zur Meerenge von Bab el Mandeb auf der Höhe des heutigen Djibouti, und wandte sich von dort landeinwärts.
Zwei Jahre später erreichte er den im Hochland Äthiopiens gelegenen Tanasee, das „blaue Auge Äthiopiens“ und fand in ihm, wie erhofft, tatsächlich den Ursprung des Blauen Nils. Obwohl er später in seinem Reisebericht in Anspruch nahm, der erste Entdecker dieser Nilquelle gewesen zu sein, handelte es sich eigentlich eher um eine Wiederentdeckung. Denn rund 150 Jahre früher hatte der portugiesische Jesuitenpater und Missionar Pedro Paez bereits den Tanasee besucht.
Mit 3.500 Quadratkilometern ist der im Norden Äthiopiens gelegene See siebenmal so groß wie der Bodensee. Er ist das größte Gewässer des ostafrikanischen Staates und liegt in einer vulkanischen Senke. Der Blaue Nil verläßt den See an seinem Südende. Nach dreißig Kilometern stürzt er als ein 45 Meter hoher Katarakt, die Tisissat-Fälle, in die Tiefe und beginnt in einem weiten Bogen seinen Weg nach Nordwesten Richtung Mittelmeer.
Unter großen Schwierigkeiten und widrigsten Bedingungen folgte James Bruce 1771 dem Verlauf des Flusses, bis er nahe Khartum seinen Zusammenfluss mit dem weißen Nil erreichte. Damit war er zwar nicht der Erstentdecker der Quelle des Blauen Nils, wohl aber der erste, der diesem von der Quelle bis zur Mündung gefolgt war. Seine Reiseberichte regten viele spätere Afrikareisende zur Teilnahme am Wettlauf zu den Quellen des weißen Nil an.
Stand: 11.03.2005