Im Buch der Klimageschichte zu blättern, ist ein spannendes Unterfangen. Denn um das Klima der Gegenwart und seine künftige Entwicklung zu verstehen, muss man das aktuelle Geschehen in die Geschichte des Klimas einordnen. Das gelingt umso besser, je mehr Informationen und Details über das Klima der Vergangenheit bekannt sind. Dies zu erforschen, ist Aufgabe der Paläoklimatologie.
„Klimaarchive“ ermöglichen Paläoklimatologen den Blick zurück und erlauben es beispielsweise, die Temperatur oder die Niederschlagsmengen längst vergangener Zeiten zu rekonstruieren. Das Spektrum der verfügbaren Archive reicht von Eisbohrkernen über Baumringe, See- und Meeressedimente, Korallen und andere Kalkschalen bildende Organismen bis hin zu Pflanzenpollen.
Greenhouse- und Icehouse-Ären
Jeder dieser Klimazeugen der Vergangenheit belegt eine hohe Variabilität des Systems: Auf allen Zeitachsen wird beispielsweise deutlich, dass die Temperatur im Laufe der Erdgeschichte starken Schwankungen unterworfen war. Über große Zeiträume hinweg war es um einige Grad wärmer als heute. Diese warmen Abschnitte (Greenhouse-Ären) wurden von ausgeprägten Kaltzeiten (Icehouse-Ären) unterbrochen. Ein Beispiel ist die „Permokarbon-Vereisung“ vor etwa 350 bis 250 Millionen Jahren.
In der Neuzeit der Erde ist das quartäre Eiszeitalter ein guter Beweis für die Variabilität des Klimas. Vor etwa einer Million Jahren setzten Zyklen ein, die etwa 100.000 Jahre dauerten und in denen sich Kaltzeiten und wärmere Zeiten mit Temperaturunterschieden von bis zu zehn Grad Celsius abwechselten. Ursächlich für diese natürlichen Klimaschwankungen sind Variationen in den Erdbahnparametern, die Lage der Kontinente, die Sonnenaktivität und zahlreiche weitere Faktoren.
Solche natürlichen Klimaveränderungen sind jedoch nicht nur auf langen geologischen Zeitskalen, sondern auch in den letzten 10.000 Jahren, im „Holozän“, nachweisbar. Auch seit dem Ende der letzten Eiszeit ist das Klima keine konstante Größe: Klimaarchive und historische Quellen berichten von wärmeren und kälteren Phasen mit mehr oder weniger Niederschlag.
Drei Warmphasen und eine kleine Eiszeit
Zu den wichtigen Klima-Epochen, die in den meisten Archiven belegt werden konnten, zählt das so genannte „holozäne Klimaoptimum“ vor etwa 8.000 bis 6.500 Jahren: Damals wurden die Menschen sesshaft und begannen, Ackerbau zu treiben. Während des „römerzeitlichen Klimaoptimums“ vor etwa 2.000 Jahren überquerte Hannibal mit seinen Elefanten die im Winter nur wenig vereisten Alpen. Auf das römerzeitliche folgte das „mittelalterliche Klimaoptimum“. Zwischen diesen drei Warmphasen gab es immer wieder deutliche Abkühlungen, zum Beispiel vor 6.000 bis 5.000 Jahren oder während der „kleinen Eiszeit“, die vor rund 150 Jahren endete.
Die paläoklimatologische Forschung versucht, diese Schwankungen exakt zu beschreiben, zeitlich abzugrenzen und zu klären, ob es sich um regionale oder globale Phänomene handelt. Ein Klimaarchiv, das sich in den letzten Jahren für diese Zwecke als zunehmend geeignet erwiesen hat, sind Tropfsteine aus Höhlen, vor allem Stalagmiten: Die Sauerstoff- und Kohlenstoffisotope im Kalk dieser Tropfsteine speichern klimarelevante Daten; darüber hinaus lassen sie sich exakt datieren. In der Forschungsstelle Radiometrie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften untersucht ein Forscherteam um Nicole Vollweiler und Professor Augusto Mangini seit vielen Jahren Stalagmiten aus den unterschiedlichsten Regionen der Erde.
Nicole Vollweiler und Augusto Mangini / Forschungsmagazin „Ruperto Carola“ der Universität Heidelberg
Stand: 15.05.2009