Da die Forscher den Abstand nicht verringern konnten, blieb ihnen nur, Chips und Zellen zu verbessern. Ersteres ist Halbleitertechnologie, das zweite Gentechnik. In eigenen Reinräumen prozessierten die Martinsrieder 100-Millimeter-Reinstsiliziumscheiben zu speziellen, ein Quadratzentimeter großen Chips.
In einem Ofen ließen sie auf einer Siliziumscheibe, dem Wafer, eine zehn Nanometer dünne Schicht aus Siliziumdioxid wachsen. Sie schützt das Reinstsilizium vor Korrosion und isoliert die Scheibe elektrisch. An diese Schutzschicht können die Nervenzellen so dicht angesiedelt werden, dass die Transistoren im Chip das elektrische Feld der Nervenzelle erfassen.
In Modellversuchen bauten die Wissenschaftler dann Kaliumkanäle in die Zellmembranen ein: Dazu übertrugen sie die Bauanleitung für das Kanalprotein, die rekombinante DNA, in die Zellen und kultivierten diese auf einem Chip mit offenen Transistoren. Ein im Mikrochip ausgelöster Spannungspuls öffnete die spannungsgeschalteten Ionenkanäle in der Zellmembran und löste einen Strom (Aktionspotenzial) aus.
Eine genauere Analyse der Versuchsdaten zeigte, dass die Kanäle bevorzugt in die Kontaktregion eingebaut werden – und zwar mit einer um eine Größenordnung höheren Dichte als in der freien Membran. Wenn die Zelle aktiv ist, fließt jetzt mehr Strom, was zu einer stärkeren Kopplung führt. „Es ist faszinierend, in einem einzigen Experiment die beiden Basistechnologien der Gegenwart zu verbinden“, schwärmt Fromherz, „und dabei die direkte Wechselwirkung der beiden fundamentalen elektrischen Strukturen in Hirn und Computer – Ionenkanäle der Zellmembran und Elektronenkanal eines Transistors – zu beobachten.“
Stand: 09.04.2004