Neurowissenschaften

Zweisprachigkeit – eine geheime Superpower?

Die vielen Vorteile der Bilingualität

Volle Kneipe
Können Bilinguale auch im Lärm einer Kneipe besser hören? © Dktue/CC-by 1.0

Wenn Kinder zweisprachig aufwachsen, kann ihnen diese Fähigkeit im Erwachsenenalter diverse Vorteile bringen, etwa bei der Jobsuche. Gleichzeitig zwei Sprachen zu sprechen, verleiht zudem wahre „Superkräfte“. Beispielsweise können bilinguale Menschen besser relevante von irrelevanten Informationen unterscheiden und in einem Gewirr von Musik und Stimmen einige Laute besser heraushören als diejenigen, die nur eine Sprache beherrschen, wie Studien ergeben haben.

Zweisprachigkeit als Gehirnjogging?

Zweisprachig aufgewachsene Menschen schneiden zudem besser in Assoziationstests ab. So sollten Probanden in einer Studie mutmaßen, was frei erfundene Begriffe wie „spider cafeteria“ bedeuten. Die bilingualen Testpersonen zeigten sich bei der Aufgabe einfallsreicher als die einsprachigen. Das könnte sogar darauf hinweisen, dass Bilingualität generell kreativer macht. Laut Alexander Onysko von der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt ist dies eine wichtige Fähigkeit. „Kreative denken weniger linear, ihre Gedanken sind breiter gestreut und sie kommen so eher auf Ideen abseits des Mainstreams“, so der Linguist.

Eselbrücken zwischen Wörtern aus unterschiedlicher Sprache bauen
Beherrscht man mehrere Sprachen, kann man sich mehr neuronale „Eselsbrücken“ bauen. © Fernandez-Duque et al./Science Advances/CC-by 4.0

Außerdem scheint die Zweisprachigkeit das Gedächtnis zu verbessern. So präsentierten Forschende Spanisch-Englischsprachigen-, sowie Englisch-Monolingualen aus den USA unterschiedliche Bilder. Anschließend nannten sie ein Objekt, das auf einem der Bilder zu sehen war. Die Bezeichnung der gezeigten Objekte klang entweder auf beiden Sprachen oder nur auf Englisch ähnlich wie die des Zielobjekts – war auf dem genannten Bild beispielsweise eine Kerze (candle) zu sehen, zeigten weitere Bilder Süßigkeiten (candy) und ein Schloss (candado).

Im Anschluss sollten die Probanden identifizieren, ob sie bestimmte Objekte im Test gesehen hatten oder nicht. „Alle Probanden erinnerten sich besser an Objekte, deren Bezeichnung ähnlich klingt wie die eines der vorherigen Zielobjekte“, berichtet das Team. Die Bilingualen erinnerten sich zudem auch insgesamt an mehr Objekte. Sie erinnerten sich beispielsweise an die Süßigkeiten und das Schloss, während die rein Englischsprachigen nur die Süßigkeiten in Erinnerung behielten. Möglicherweise konnten sich die zweisprachigen Testpersonen wegen ihres größeren Wortschatzes bessere Eselsbrücken bauen.

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Besser bilingual?
Wie Fremdsprachen unser Gehirn und Verhalten beeinflussen

Sind wir alle ein bisschen bilingual?
Zwei- und Mehrsprachigkeit in Deutschland und der Welt

Zweisprachigkeit – eine geheime Superpower?
Die vielen Vorteile der Bilingualität

Machen Fremdsprachen rationaler?
Welchen Effekt die Wahl von Mutter- oder Fremdsprache auf die Emotionen haben

„Hallo“ und „Hola“ im Hirn
Wie ändert Sprachenlernen die Gehirnstrukturen?

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Sprachensterben - Schleichendes Verschwinden unseres kulturellen Gedächtnisses

Sind Bilinguale gesünder?

Diese mentalen Superkräfte der Zweisprachigen haben sogar Auswirkungen auf deren Gesundheit: Beispielsweise erkranken sie fünf Jahre später als einsprachige Menschen an Demenz. Und nicht nur das: Bilinguale Patienten leiden zudem nur knapp halb so oft unter Beeinträchtigungen von einem Schlaganfall. „Diese Schutzwirkungen könnten eine direkte Folge davon sein, wie sich das menschliche Gehirn an die ‚zusätzliche Anstrengung‘ angepasst hat, die durch den Umgang mit zwei oder mehr Sprachen entsteht“, erklärt Daniela Perani von der San Raffaele Universität in Mailand.

Seniorin mit Kuscheldecke
Zweisprachige erkranken später an Demenz. © Neil Bussey/GettyImages

Und tatsächlich: Gehirnscans zeigen, dass Zweisprachige in bestimmten Hirnarealen dickere graue und weiße Hirnsubstanz haben. Zudem sind einige Hirnbereiche bei ihnen stärker miteinander vernetzt. Dadurch können gesunde Gehirnbereiche teilweise die Funktionen der geschädigten übernehmen und somit das Gehirn länger am Laufen halten. Das könnte die geringeren Folgen nach Schlaganfällen erklären.
Doch Bilingualität macht nicht nur kreativer und gesünder – sie scheint auch unsere Entscheidungen zu beeinflussen. Aber wie?

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