Moderne Salzkriege werden heute meist nicht mehr zwischen Staaten ausgefochten, die um Salzlagerstätten kämpfen, sondern zwischen rivalisierenden Medizinern und Ernährungswissenschaftlern. Während ein Teil der Fachleute eine strenge Salzaskese predigt und vor den Gefahren eines übermäßigen Salzgenusses warnt, halten andere die Hysterie, die um das Thema Salz seit knapp 50 Jahren erzeugt wird, für völlig überzogen. Ihrer Meinung nach liegt der momentane durchschnittliche Salzkonsum in der Bevölkerung in normalen Größenordnungen und hat für gesunde Normalbürger keinerlei negative Folgen.
Essen wir zu salzig?
Die Anti-Salzkampagne ist – wie so vieles andere auch – in den 1970er und 1980er Jahren von Amerika zu uns über den großen Teich geschwappt. Damals hatte der US-Forscher Lewis Dahl bei Untersuchungen an Laborratten gezeigt, dass übermäßiger Salzkonsum zu hohem Blutdruck führen kann. Salzaskese, so der Forscher weiter, sei dagegen ein hundertprozentiger Garant für signifikante Blutdrucksenkungen.
Diese im Tierversuch gewonnenen Ergebnisse konnten bisher beim Menschen trotz zahlreicher Studien nicht im selben Umfang nachgewiesen werden. Das mag unter anderem daran liegen, dass Dahl bei seinen Experimenten, den Ratten Salzmengen verabreichte, die Kritiker für völlig überdosiert halten. Hoch gerechnet auf menschliche Verhältnisse müsste jede Versuchsperson ein halbes Kilo NaCl pro Tag mit der Nahrung aufnehmen, um dem selben „Salzstress“ ausgesetzt zu sein, wie die Nager in der Dahlschen Untersuchung.
Salzkonsum in Deutschland
Von solchen Mengen sind wir in Deutschland jedoch noch weit entfernt. Wie Mediziner ermittelt haben, liegt der durchschnittliche Salzkonsum in Deutschland bei etwa acht Gramm pro Kopf und Tag. Einig sind sich die Wissenschaftler, dass mindestens drei Gramm Kochsalz innerhalb eines Tages aufgenommen werden müssen, um die Salz-Verluste über den Urin, die Tränenflüssigkeit oder den Schweiß wieder auszugleichen. Wie hoch die optimale Salzaufnahme ist, ist jedoch bisher noch immer unbekannt.
Immerhin haben neuere Untersuchungen ergeben, dass eine salzarme Ernährung etwa bei einem ein Drittel aller Bluthochdruckpatienten zu niedrigeren Werten führt. Mediziner raten solchen salzsensitiven Patienten zu einer NaCl-Aufnahme von maximal sechs Gramm pro Tag.
Salzdiät und ihre Folgen
Wenn schon positive Folgen von Salzabstinenz für den Normalbürger nicht endgültig wissenschaftlich belegt sind, so kann doch ein salzarmes Leben und Essen doch nicht schaden, oder? Leider falsch. Untersuchungen haben gezeigt, dass der Verzicht auf Speisesalz beispielsweise bei Schwangeren und älteren Menschen schlimme Folgen haben kann.
So fanden niederländische Forscher 1999 heraus, dass bei werdenden Müttern die Blutdruckwerte bei salzarmer Ernährung deutlich höher lagen als bei normaler Zubereitung der Speisen. Forscher um M. Leshem berichteten in der Zeitschrift „Neuroscience and Behavioral Reviews“ im gleichen Jahr darüber, dass eine Salzdiät bei trächtigen Ratten dazu führte, dass die Rattenkinder lebenslang einen erhöhten Salzhunger zeigten.
Ältere Menschen dagegen, die ohnehin unter einem niedrigen Durstgefühl leiden, neigen bei salzärmerer Ernährung dazu noch weniger zu trinken und sind dann schneller von einer Austrocknung des Körpers bedroht. Natriummangel kann darüberhinaus vor allem bei den Über-60-Jährigen zu schweren Gehirnerkrankungen führen.
Und für noch eine andere Zielgruppe kann NaCl-Askese böse Folgen haben: Vegetarier. Da pflanzliche Lebensmittel in der Regel sehr natriumarm sind, muss das lebensnotwendige Kochsalz in ausreichender Menge über die Speisewürze in den Körper gelangen…
Stand: 02.06.2003