Platons Atlantis hat von der Antike an immer wieder die Menschen in aller Welt in seinen Bann gezogen und ihre Fantasie zu vielen Spekulationen und Theorien angeregt. Mit der Zeit ist dabei ein Mythos um die legendäre versunkene Inselwelt entstanden, der seinesgleichen sucht. Daran hat sich auch heute, rund 2.500 Jahre nach Platon, noch nichts geändert.
Mythos Atlantis
Dies erkennt man unter anderem daran, dass Platons Geschichte mittlerweile Gegenstand von tausenden Büchern, aber auch zahlreichen Liedern, Spielen und Filmen geworden ist. So lässt beispielsweise Jules Verne in seinem Roman „20.000 Meilen unter dem Meer“ Kapitän Nemo und Professor Pierre Aronnax die Ruinen von Atlantis am Meeresgrund besuchen.
Sogar in die Comic-Hefte hat es Atlantis geschafft. So gehen Asterix und Obelix im Heft „Obelix auf Kreuzfahrt“ auf eine lange Schiffsreise Richtung Süden. Schließlich stoßen sie fernab der Zivilisation auf die letzten Überreste des sagenhaften Atlantis, wo es nicht nur fliegende Kühe und gigantische Früchte, sondern auch ein Elixier der Verjüngung gibt.
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Idealer Staat versus Supermacht
Während die beiden gallischen Helden bei ihrer Suche nach Atlantis problemlos fündig geworden sind, gibt es unter Wissenschaftlern mindestens große Zweifel, ob es Atlantis je gegeben hat. Klar ist, dass es sich bei Atlantis nicht um eine Sage handelt – wie etwa bei den Nibelungen, König Artus oder Robin Hood -, die über Jahrhunderte per Mundpropaganda oder mithilfe schriftlicher Überlieferungen weitergegeben wurde. Das Atlantis-Szenario stammt einzig und allein aus der Feder eines einzigen Menschen, eben Platon. Weitere echte Belege gibt es nicht.
Ebenso klar ist darüberhinaus, dass es dem griechischen Philosophen nicht darum ging, historische Tatsachen vorzustellen und die Menschen in der Antike über die Geschichte von Atlantis aufzuklären. Vielmehr waren seine Beschreibungen Teil einer viel umfangreicheren Serie an Werken, in deren Mittelpunkt die Utopie vom idealen Staat stand. Platon stellte dabei dem „kleinen“, seriösen, aber durchaus verteidigungsfähigen Athen das Schicksal einer an ihrem Macht- und Eroberungsstreben scheiternden Supermacht, eben Atlantis, gegenüber.
Reales Szenario oder „Kopfgeburt“?
Ist Atlantis demnach nur eine Vision Platons? Fast scheint es so. Denn schon sein Schüler Aristoteles kam zu dem Schluss: „Der Mann, der Atlantis träumte, ließ sein Trugbild auch wieder verschwinden.“ Professor Reinhold Bichler vom Institut für Alte Geschichte und Altorientalistik der Universität Innsbruck formuliert es ein bisschen anders, aber ebenso eindeutig. Für ihn – und die meisten anderen Althistoriker und Archäologen – ist Atlantis eine „Kopfgeburt“, eine „grandiose Fiktion“.
Hinzu kommt, dass nicht nur ein Blick auf Platons Gesamtwerk berechtigte Zweifel sät, dass es Atlantis vor rund 12.000 Jahren tatsächlich gegeben haben könnte. Auch viele geo- und naturwissenschaftliche Erkenntnisse lassen sich mit der Existenz einer steinzeitlichen Supermacht und einer Art Kontinent im Atlantik nicht vereinbaren.
Deutlich mehr Contra…
So gab es damals zwar noch Mammuts in Europa, aber weder wie von Platon behauptet den Stadtstaat Athen, noch sesshafte Menschen, geschweige denn ausgefeilte landwirtschaftliche Technologien wie Bewässerung etc. „Auch die geographischen Angaben passen nicht“, schrieb bereits Matthias Schulz in einer „Spiegel“-Ausgabe aus dem Jahr 1998. Und weiter: „Bereits im Jahr 1947 meldete der schwedische Ozeanologe Hans Petterson: Platons Atlantis im Atlantik ‚ist eine geologische Leiche‘. Inseln wie die Azoren oder Kanaren sind nicht Reste eines Urkontinents, sondern durch unterseeische Vulkane vom Meeresboden hochgedrückt worden.“
Dieter Lohman
Stand: 25.03.2011