„Optimaler Wirkstoff zur Heilung von Asthma gefunden“: So oder ähnlich hätte der Titel einer Boulevardzeitung zu einem Forschungserfolg der Pharmazeutin Daniela Schuster lauten können. Ganz so einfach ist es in den Naturwissenschaften aber leider nicht: Auch wenn die Forscherin der Universität Innsbruck einen neuen Wirkstoff-Kandidaten identifiziert hat, der gute Eigenschaften für die Wirkung an medizinisch relevanten Zielproteinen für Asthma und Entzündung zeigt, wäre diese Aussage viel zu verkürzt.
Kein Blick in die Kristallkugel
Mithilfe von dreidimensionalen Computermodellen scannt Schuster potenzielle Wirkstoffe oder Chemikalien, um deren Wirkung im menschlichen Körper vorherzusagen. „Auch wenn unsere Modelle kein Blick in die Kristallkugel sind, den Anspruch auf absolute Wahrheit haben wir nicht“, so die Pharmazeutin. „Im menschlichen Körper gibt es derzeit rund 500 bekannte Zielproteine für medizinische Wirkstoffe. Deren Wirkungen und Wechselwirkungen sind zum Teil noch nicht oder nicht umfassend verstanden. Man kann sich also vorstellen, dass unsere Forschungsarbeit nie wirklich fertig ist.“
Als Beispiel nennt die Wissenschaftlerin den Wirkstoff Diflapolin, der von ihrer Forschungsgruppe zum Patent angemeldet wurde. Mithilfe zweier von ihrem Team entworfenen, dreidimensionalen Pharmakophormodelle für zwei verschiedene Targets hat Schuster eine Chemikalien-Datenbank mit 202.920 Wirkstoff-Kandidaten gescannt.
„Da in modernen Therapieansätzen mittlerweile oft zwei Targets – also Zielmoleküle im Körper, die den Krankheitsverlauf beeinflussen können – angesteuert werden, haben wir mithilfe zweier voneinander unabhängigen Modelle Targets getestet, die in der Entzündungskaskade, vor allem im Zusammenhang mit Asthma, eine Rolle spielen“, erläutert Schuster. Diese Tests haben sieben passende Kandidaten geliefert. „In den anschließend durchgeführten In-vitro- und In-vivo-Tests zeigten zwei dieser Chemikalien Aktivitäten an beiden Targets; eine davon so gute, dass wir es mittlerweile zum Patent angemeldet haben.“
Anhaltender Prozess statt absolute Wahrheit
Warum – auch wenn der Wirkstoff vielversprechende Eigenschaften zeigt – nicht von „optimal“ und „Heilung“ gesprochen werden kann, erklärt Schuster so: „Um den Wirkstoff als Medikament einsetzen zu können, sind noch viele weitere Schritte nötig. Wir müssen die Substanz modifizieren, zum Beispiel muss die Wasserlöslichkeit verbessert werden, um den Stoff oral verfügbar zu machen. Der beste Wirkstoff bringt nämlich nichts, wenn er nicht an den Ort seiner Wirkung kommen kann.“
Aber auch wenn das gelinge, seien umfassende Tests zur Medikamentenzulassung nötig, bis der Wirkstoff schließlich als Tablette am Markt landet. Und selbst dann wisse man nicht, ob man nicht in einer anderen Datenbank einen viel besseren Wirkstoff gefunden hätte, der noch größere Aktivität zeigt oder auch, ob ein anderes Target für die Behandlung dieser Erkrankung viel besser geeignet wäre.
Dennoch ist für die Wissenschaftlerin jedes Forschungsergebnis ein Schritt in Richtung Wahrheit: „Jede Erkenntnis in unserem Forschungsprozesses hilft uns, ein Puzzleteil hinzuzufügen und unsere Methoden zu verbessern. Am Ende bleibt es aber wahrscheinlich immer ein Prozess, der nie abgeschlossen ist.“
Universität Innsbruck
Stand: 26.10.2018