Schleswig-Holstein rüstet sich für eine schwere Sturmflut an seiner Ostküste, die durch eine stürmische Ostwindlage verusacht wird. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ist der Herbststurm eine Folge der europäischen Großwetterlage: Hoch „Wibke“ liegt über Nordskandinavien und Sturmtief „Viktor“ zieht über England nordwärts. Ein Ausläufer dieses Sturmtiefs erfasst, eingebettet in eine kräftige Ostströmung, Norddeutschland und Dänemark und sorgt für einen ungewöhnlichen heftigen Herbststurm aus Osten. Bis Freitagnacht besteht Unwettergefahr durch orkanartige Böen mit Spitzengeschwindigkeiten um 110 Kilometer pro Stunde, auf See sogar bis zu 130 Kilometer pro Stunde.
Der anhaltende starke Ostwind sorgt vor allem an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste für eine schwere Sturmflut. Nach Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) wird an der Ostseeküste ab einem Wasserstand 1,5 Metern über dem mittleren Hochwasser von einer schweren Sturmflut gesprochen. Steigt das Wasser um mehr als zwei Meter, ist das eine sehr schwere Sturmflut. Im Gegensatz zur Nordsee hat die Tide kaum einen Einfluss auf die Wasserstände.
Besonders gefährdet sind die nördlichen Küstenabschnitte um Schleswig und Flensburg. In Flensburg erwartet das BSH Wasserstände von bis zu zwei Meter über dem mittleren Hochwasser– die höchsten seit mehr als 100 Jahren. Weiter südlich und östlich im Land werden die Wasserstände niedriger liegen und etwa 1,50 Meter oder mehr über das mittlere Hochwasser ansteigen.
In den Städten und Ortschaften der schleswig-holsteinischen Ostseeküste sind wegen der Sturmflut die ersten Straßen und Uferbereiche vom Hochwasser überschwemmt worden. So standen am Freitagmorgen von Wismar in Mecklenburg-Vorpommern über Lübeck und in Kiel bis hinauf nach Flensburg bereits zahlreiche Straßen unter Wasser. In Kiel-Schilksee mussten etwa 150 Strandkörbe geborgen werden, nachdem am Donnerstagnachmittag mehrere Strandkörbe ins Wasser gezogen worden waren.
Der für den Küstenschutz zuständige Umweltminister Schleswig-Holsteins, Tobias Goldschmidt, rief die Küstenanwohner zur Vorsicht auf und appellierte an alle an der Ostseeküste lebenden Menschen, sich gut zu informieren und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Mit einer möglichen Dauer von bis zu 40 Stunden könnte die Sturmflut deutlich länger anhalten als ähnliche Unwetterereignisse in den Jahren 2017 und 2019. Strandwälle wie an der Schleimündung könnten überflutet werden. Auch sei mit Strandausräumungen und Steiluferabbrüchen zu rechnen.
Im nördlich gelegenen Dänemark warnte das Dänische Meteorologische Institut (DMI) vor Überschwemmungen in den Küstenabschnitten in der Südhälfte des Landes. Von Freitagmorgen bis Samstagmittag könne der Wasserstand bis zu 2,4 Meter über den Normalwert steigen. Anwohner und Urlauber im Süden und im Osten Dänemarks wurden von der Polizei auffeordert, spätestens am Freitagmorgen das Küstengebiet zu verlassen.
Mecklenburg-Vorpommern wird nach Einschätzung des BSH voraussichtlich glimpflicher davonkommen. In Greifswald könnte das Wasser auf 1,40 Meter über das mittlere Hochwasser steigen, in Koserow auf Usedom auf etwa einen Meter.
An der Nordseeküste sind die Wasserstände gleichzeitig sogar ungewöhnlich niedrig, weil der starke Ostwind das Wasser von der Küste wegdrückt. In Cuxhaven sollen die Wasserstände nach Angaben des BSH am Freitag mehr als 1,5 Meter unter dem mittleren Niedrigwasser liegen. In Hamburg werde der Wasserstand voraussichtlich sogar 2 Metern unter das mittlere Niedrigwasser fallen. Bei den Fährverbindungen zu den Halligen und Nordfriesischen Inseln kommt es wegen des extremen Niedrigwassers bis zum Wochenende zu Ausfällen und Verschiebungen in den Fahrplänen.
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