Im Sommer 1919 flog der Schweizer Pilot und Fotograf Walter Mittelholzer mit einem Doppeldecker über den Montblanc und fotografierte die alpine Landschaft. Im Sommer 2019, genau 100 Jahre später, haben nun Forscher drei seiner Aufnahmen aus exakt der gleichen Perspektive wiederholt. Der Vergleich enthüllt den drastischen Rückgang des Gletschereises am Alpenmassiv.
Walter Mittelholzer war ein Pionier der frühen Luftfahrt und einer der ersten Piloten, die systematisch Luftaufnahmen der Alpenregion erstellten – zunächst im Ersten Weltkrieg zu militärischen Zwecken, dann als Zivilist. Im Rahmen seiner Fotoflüge fotografierte Mittelholzer im Sommer 1919 von seinem Doppeldecker aus auch mehrere Gletscher an den Hängen des Montblanc-Massivs in den Alpen.
Jetzt – 100 Jahre später – haben Kieran Baxter und Alice Watterson von der University of Dundee Mittelholzers Flüge wiederholt. Mithilfe eines speziellen Programms ermittelten sie dafür die genaue Flugposition, von der aus Mittelholzer damals seine drei Fotos der Gletscher Argentiere, Mont Blanc Bossons und Mer de Glace geschossen hatte. In einer Flughöhe von 4.700 Metern, waghalsig aus ihrer kleinen Maschine hängend, wiederholten die beiden Forscher Mittelholzers Gletscheraufnahmen.
Drastischer Unterschied
Das resultierende Vergleichsbild zeigt den Montblanc-Gletscher Mer de Glace einmal in Mittelholzers Aufnahmen von 1919 (links) und einmal in der heutigen Ansicht. „Das Ausmaß des Eisverlusts war schon erkennbar, als wir die Aufnahmehöhe erreichten“, berichtet Baxter. „Aber erst als wir die Fotos Seite an Seite verglichen, traten die Veränderungen der letzten 100 Jahre klar hervor. Es war eine atemberaubende und gleichzeitig herzzerreißende Erfahrung – vor allem im Hinblick auf das Wissen, dass sich diese Schmelze in den letzten Jahrzehnten massiv beschleunigt hat.“
Nach Ansicht der Forscher demonstrieren diese Bilder eindringlich, wie nötig effektiver Klimaschutz ist, wenn die Alpengletscher erhalten bleiben sollen. Denn aktuellen Prognosen nach könnte die Mehrzahl dieser Eisströme bis zum Ende dieses Jahrhundert verschwinden. „Wenn wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen nicht drastisch reduzieren, wird in weiteren 100 Jahren nicht mehr viel Eis für Fotografien übrig sein“, sagt Baxter.
Quelle: University of Dundee