Gewagter Abstieg: Hier zu sehen ist ein Höhlenforscher, der sich in die Bexanka-Höhle in den französischen Pyrenäen hinablässt. Die Höhlen in diesem Gebiet sind besonders ausgedehnt und durch tiefe Schächte gekennzeichnet. Entwickelt haben sich diese großen Höhlennetzwerke, weil der Karst in diesem Gebiet besonders viel Schwefelwasserstoff enthält. In Kombination mit Wasser entsteht daraus Schwefelsäure, die das Kalkgestein besonders schnell aufgelöst hat.
Höhlen entstehen meist, wenn Kalkgestein durch chemische Verwitterung aufgelöst wird und so im Untergrund Hohlräume entstehen. Besonders oft kommt dies in Karstgebieten vor. In diesen Regionen mit kalkhaltigem Gestein fließt das meiste Regenwasser nicht über Flüsse ab, sondern versickert direkt Untergrund. Weil es dabei Kohlendioxid aufnimmt, entsteht Kohlensäure, die den Kalk löst und nach und nach Hohlräume ins Gestein frisst.
Schwefelsäure als Höhlenbildner
Doch es gibt auch Höhlen, die zehn- bis 100-mal schneller entstehen als die normalen Karsthöhlen. Meist sind diese Höhlensysteme außerdem weit ausgedehnter, verzweigter und tiefer als ihre typischen Gegenparts. Ursache dafür ist eine Auflösung des Kalksteins durch eine stärkere Säure als die Kohlensäure: Schwefelsäure. Sie entsteht, wenn im einsickernden Wasser Schwefelverbindungen enthalten sind – beispielsweise aus hydrothermalen Quellen.
Aber auch das Gestein selbst kann schwefelhaltig sein. Dann zehren Mikroben in dieser unterirdischen Umgebung von diesem Sulfat und wandeln es dabei in Schwefelwasserstoff um. In Kombination mit Wasser kann dieser zu Schwefelsäure oxidiert werden. Hinweise auf die Gegenwart von Schwefel in einer Karsthöhle sind auch die oft bizarren Tropfsteinformationen auf Gips oder Anhydrit, wie beispielsweise die Gipsblätter in der Barbarossahöhle.
Hydrothermale Quelle und schwefelhaltiges Gestein
Die Aufnahme oben zeigt den Eingang zur Bexanka-Höhle am Nordrand der Pyrenäen. Auch dort haben sich durch schwefelhaltige Mineralien und Wässer besonders tiefe, ausgedehnte Höhlensysteme gebildet. Hier lässt sich gerade ein Höhlenforscher den Eingangsschicht hinab, um Proben von verschiedenen Stellen dieser Höhe zu nehmen. Mithilfe von Isotopenanalysen dieser Proben haben Forscher um Dimitri Laurent von der Universität der Lorraine untersucht, woher der Schwefel stammt.
Das Ergebnis: Der schwefelhaltige Karst dieser Region hat gleich zwei Quellen für Schwefelverbindungen. Zum einen gibt es im Untergrund hydrothermale Quellen, die schwefelhaltiges Wasser in dieses Gebiet transportieren. Zum anderen enthält auch das Karstgestein selbst schwefelhaltige Minerale, die dann durch Mikroben der tiefen Biosphäre zu Schwefelwasserstoff umgesetzt werden. Im Laufe der Jahrmillionen sorgte die chemische Verwitterung dann dafür, dass große Höhlen im Kalkgestein entstanden. (Geology, 2023; doi: 10.1130/G50658.1)
Quelle: Geological Society of America