In einer sternenklaren Nacht die Milchstraße bestaunen? Traumhaft. Dabei eine gigantische Dungkugel vor sich herschieben? Weniger romantisch. Doch für diesen Mistkäfer der Spezies Scarabaeus satyrus gehört beides zusammen, denn auf seinem Weg durch den Sand orientiert er sich am Licht unserer Heimatgalaxie – und das verblüffend präzise. Diese besondere Fähigkeit könnte nun auch Drohnen und Satelliten zugutekommen.
Viele Insekten orientieren sich mithilfe des Himmels. Tagsüber navigieren Wespen, Libellen, Honigbienen und Wüstenameisen zum Beispiel anhand der Sonne und der Polarisation ihres Lichts. In der Dunkelheit wiederum dient vielen nachtaktiven Insekten wie Motten der Mond als Bezugspunkt. Doch da dieser nicht immer sichtbar ist, nutzen einige wenige auch die Milchstraße als himmlischen Wegweiser.
Dung und Sterne
Ein wahrer Profi in Sachen Milchstraßen-Navigation ist der afrikanische Mistkäfer Scarabaeus satyrus. Wenn er nachts eine Dungkugel vor sich her rollt, schaut er dabei immer wieder zu dem milchigen, hellen Band unserer Heimatgalaxie am Horizont, um mit ihrer Hilfe in einer geraden Linie zu bleiben. Auf diese Weise ist er schnell und effizient unterwegs, was er auch sein muss, denn Dunghaufen sind mitunter hart umkämpft.
Wenn der kleine schwarze Käfer nicht schnell genug mit seiner Kugel von dannen zieht, wird ihm seine Beute womöglich noch von einem Konkurrenten abgeluchst. Dabei braucht er sie dringend, denn die Dungkugel dient Mistkäfern als Kinderstube für den Nachwuchs. Sie legen ihre Eier hinein und vergraben das runde Kinderzimmer dann im Boden. Wenn die Larven wenig später schlüpfen, haben diese direkt ein reiches Buffet vor sich, an dem sie sich bis zu ihrer Verpuppung bedienen können.
Ein Upgrade für Drohnen und Satelliten
Wenn Mistkäfer die Milchstraße als himmlisches Navi nutzen, sieht das von außen betrachtet zwar unspektakulär aus, doch für die Wissenschaft ist diese Fähigkeit von besonderem Interesse. Richtig eingesetzt, könnte sie zum Beispiel zur Backup-Methode für die Stabilisierung von Satelliten werden oder Drohnen und Robotern dabei helfen, selbst bei schwachem Licht und bei durch Vibration und Bewegung verursachten Unschärfen zu navigieren.
Yiting Tao von der University of South Australia und sein Team arbeiten daher gerade daran, das Talent des Mistkäfers technisch nutzbar zu machen. In einem ersten Schritt haben sie dafür bereits Milchstraßen-Bilder mit einer auf dem Dach eines Fahrzeugs montierten Kamera aufgenommen – sowohl während sich das Auto bewegte als auch während es parkte.
Anhand der Informationen aus diesen Bildern konnten Tao und seine Kollegen dann ein Computersystem entwickeln, das die Ausrichtung der Milchstraße zuverlässig misst und somit die Grundlage für ein ausgereiftes Navigationssystem darstellt. „Im nächsten Schritt möchte ich den Algorithmus in eine Drohne einbauen, damit er das Fluggerät während der Nacht steuern kann“, erklärt Tao. (Biomimetics, 2024; doi: 10.3390/biomimetics9070375)
Quelle: University of South Australia