Dieses bunte Farbenspiel aus knalligem Orange und zartem Rosa ist der Überrest einer Sternexplosion, die vor 340 Jahren im Sternbild Cassiopeia stattgefunden hat. Indem die Forschenden den Sternenfriedhof und seine Trümmerteile nun erstmals mit der hochauflösenden Nahinfrarotkamera des James-Webb-Weltraumteleskops aufgenommen haben, konnten sie zahlreiche neue Details über den 11.000 Lichtjahre entfernten Supernova-Überrest herausfinden.
Wenn ein massereicher Stern das Ende seines Lebenszyklus erreicht, kollabiert er und explodiert in einer Supernova. Die Überreste einer solchen Sternexplosion lassen sich zum Beispiel im 11.000 Lichtjahre entfernten Sternbild Cassiopeia beobachten. Nachdem dort im Jahr 1680 ein Stern in einer Supernova endete, können wir heute mit Weltraumteleskopen die Überreste dieser Explosion in Form des Supernova-Relikts Cassiopeia A oder kurz Cas A beobachten.
Explosionsspuren im All
Weil Cassiopeia A verhältnismäßig nahe an der Erde liegt, ist dieses Gebilde aus glühenden Gasen und einem zentralen Neutronenstern einer der am besten untersuchten Supernova-Überreste im gesamten Kosmos. Verschiedene Observatorien, darunter das Chandra-Röntgenobservatorium der NASA und das Hubble-Weltraumteleskop, haben das Himmelsobjekt bereits in verschiedenen Wellenlängenbereichen abgelichtet.
Nun hat auch die hochauflösende NIRCam des James-Webb-Weltraumteleskops ihren ersten Schnappschuss von Cas A erstellt – und zwar im Nahinfrarotbereich. „Mit der Auflösung der NIRCam können wir nun sehen, wie der sterbende Stern bei seiner Explosion völlig zerbrach und dabei Filamente hinterließ, die winzigen Glasscherben ähneln“, erklärt Danny Milisavljevic von der Purdue University.
Eine „Trümmerlandschaft“ aus Gas und Staub
Zu diesen Filamenten gehört die innere Hülle des Supernova-Überrests, die in dieser Aufnahme in leuchtendem Orange und hellem Rosa erscheint. Sie besteht unter anderem aus Schwefel, Sauerstoff, Argon und Neon, die alle einst Teil des Sterns waren. Einige dieser „Gastrümmer“ sind aber selbst für das James-Webb-Teleskop zu winzig, um sie im Detail darzustellen, wobei winzig in diesem Fall kleiner als 16 Milliarden Kilometer bedeutet. Zum Vergleich: Cas A selbst erstreckt sich über einen Durchmesser von zehn Lichtjahren, was rund 97 Billionen Kilometern entspricht.
Inmitten seiner Gastrümmer beherbergt Cas A eine Mischung aus Staub und Molekülen, die in ferner Zukunft zum Baumaterial für neue Sterne und Planetensysteme werden könnten.
Rauch und Löcher
Rund um die innere Hülle des Supernova-Überrests ist außerdem ein weißer Schimmer sichtbar, der wie der Rauch eines Lagerfeuers aussieht. Dieser Bereich markiert die Stelle, an der die Schockwelle der Sternexplosion in das umgebende zirkumstellare Material eindringt, wie Milisavljevic und seine Kollegen erklären. Sie vermuten, dass es sich bei dem weißen Schimmer um das Licht von Synchrotronstrahlung handelt. Sie wird von geladenen Teilchen erzeugt, die sich mit extrem hoher Geschwindigkeit spiralförmig um Magnetfeldlinien bewegen.
In noch hauchzarteren Farben als die Synchrotronstrahlung sind zahlreiche kreisförmige Löcher im Supernova-Überrest Cas A zu erkennen. Die Forschenden nehmen an, dass es sich dabei um ionisiertes Gas handelt, das von den Supernova-Trümmern durchdrungen und geformt wird.
Ein „Baby“ von Cassiopeia A
Ein weiteres Detail, das die Aufmerksamkeit der Astronomen auf sich zieht, ist das golden schimmernde Feld in der rechten unteren Bildecke. Sie haben es „Baby Cas A“ getauft, weil es wie ein Nachkomme der Hauptsupernova aussieht. Obwohl das Trümmerbaby wirkt, als befände es sich direkt neben Cas A, ist es in Wirklichkeit rund 170 Lichtjahre von dem Supernova-Überrest entfernt, wie Milisavljevic und sein Team berichten.
Es handelt sich bei Baby Cas A wahrscheinlich um ein Feld aus Staub, das lange Zeit nach der Explosion des Sterns von dessen Explosionswelle getroffen und von ihr aufgeheizt wurde. Deshalb scheint es auf der Nahinfrarotaufnahme zu glühen. Neben Baby Cas A konnte das James-Webb-Teleskop noch weitere solcher Lichtechos einfangen, die überall verstreut im Trümmer-Porträt liegen.
Quelle: Space Telescope Science Institute