Ein zartes Geschöpf der Meere: Diese Fadenschnecke wirkt täuschend echt und ist auf den ersten Blick von einem lebenden Tier nicht zu unterscheiden. Doch in Wirklichkeit besteht diese Schnecke komplett aus Glas. Sie ist eine der lebensechten Nachbildungen mariner Tiere, die der böhmische Glasbläser Leopold Blaschka im 19. Jahrhundert anfertigte.
Mit dem Beginn meeresbiologischer Forschungen Mitte des 19. Jahrhunderts war die Nachfrage nach Darstellungen von Tieren groß. Doch gerade viele wirbellose Meerestiere ließen sich wegen des fehlenden Skeletts nur schlecht erhalten oder veränderten beim Konservieren ihr Aussehen zu stark. Angesichts dieser Probleme unternahm der naturwissenschaftlich interessierte böhmische Glasbläser Leopold Blaschka, 1863 den Versuch, Quallen, Tintenfische, Meeresschnecken und Anemonen in Glas nachzubilden.
Der Versuch gelang. Die außergewöhnlich lebensechte Darstellung der Glasfiguren und die handwerkliche Meisterschaft des Glasbläsers fand bei namhaften zeitgenössischen Naturwissenschaftlern wie Franz Eilhard Schulze und Ernst Haeckel große Anerkennung, sodass in den darauffolgenden Jahrzehnten mehrere tausend Modelle entstanden. Diese für die Lehre an Universitäten hergestellte Modelle besitzen eine bis heute unnachahmliche Perfektion und Präzision.
Doch für die Öffentlichkeit waren diese faszinierende Glaskunstwerke bisher nicht zugänglich. Erst jetzt zeigt eine Ausstellung im Naturhistorischen Museum Wien erstmals eine ganze Reihe dieser gläsernen Meerestiere. Sie stammen aus der Sammlung der Universität Wien, die mit 145 Glasmodellen die zweitgrößte Sammlung im deutschsprachigen Raum besitzt. Eines der Ausstellungsstücke ist diese Fadenschnecke (Janus sanguineus).