Was hier aussieht wie eine Rose oder eine andere Blüte, ist in Wirklichkeit unsichtbar und mikroskopisch klein. Denn es handelt sich um die Visualisierung von Quantenpunkten in einer Graphen-Doppelschicht. Die Gipfel repräsentieren dabei Bereiche hoher Wellenamplitude der Elektronen. Ihre genaue Form haben Forscher mithilfe von Analysen im Rastertunnelmikroskop entschlüsselt.
Quantencomputer und Quantenbits gelten als vielversprechende Zukunftstechnologie für die Verarbeitung, Speicherung und Übertragung von Daten. Denn dank quantenphysikalischer Phänomene wie der Verschränkung und Überlagerung lassen sich Informationen in solchen Systemen schneller und in größerer Zahl verarbeiten. Die Qubits für solche Rechnungen können dabei aus Ionen, Fehlstellen in Diamantkristallen oder virtuellen Teilchen in supraleitenden Materialien bestehen – sogenannten Quantenpunkten.
Quantenpunkte im Graphen
Auch in dem vielseitigen Material Graphen lassen sich Qubits in Form von Quantenpunkten erzeugen. Zwar ist Graphen normalerweise ein guter Stromleiter, legt man aber zwei Schichten dieses Maschendrahtzaun-ähnlichen Kohlenstoffnetzes in einem bestimmten Winkel übereinander, wird das Material zum Supraleiter.
„Solche Quantenpunkte sind eine vielversprechende Plattform für die Quanten-Informationstechnologie“, erklärt Jairo Velasco von der University of California in Santa Cruz. „Denn sie besitzen eine unterdrückte Spin-Kohärenz, kontrollierbare Freiheitsgrade und sind über extern angelegte Spannungen steuerbar. Aber uns fehlte bisher das Wissen darüber, wie die Elektronen in diesen Graphen-Quantenpunkten angeordnet sind.“
Ein Gatter für Elektronen
Um diese Frage zu klären, nutzten Velasco und sein Team die Spitze eines Rastertunnelmikroskops, um eine Graphenschicht auf einer Unterlage des Nichtleiters Bornitrid unter Strom zu setzen. Dabei entsteht eine Ladungsverteilung in der Unterlage, die die Elektronen im Graphen einsperren. „Das elektrische Feld erzeugt ein Gatter, wie eine Art Elektrozaun, der die Elektronen im Quantenpunkte festhält“, erklärt Velasco. Über das Rastertunnelmikroskop lässt sich dann abbilden, wie die Elektronen innerhalb und außerhalb dieses Gatters verteilt sind.
Die resultierenden Aufnahmen zeigen ein Muster, das einer Blüte gleicht, wie oben zu sehen. Dabei bilden die Erhebungen die Zonen, in denen die Wellenfunktion der Elektronen die höchsten Amplituden erreicht. „Denn Elektronen besitzen eine Welle-Teilchen-Doppelnatur und wir visualisieren hiermit die Welleneigenschaften der Elektronen im Quantenpunkt“, sagt Velasco.
Die Symmetrie dieser Wellen bestätigt zudem, dass sich Elektronen in der Graphen-Doppelschicht anders verhalten als normalerweise. Legt man ein Magnetfeld an, bewegen sie sich nicht im Kreis, wie nach der Lorentzkraft zu erwarten. Stattdessen folgen sie einem Sechseck, wie ein anderes Forscherteam vor kurzem herausgefunden hat. (Nano Letters, 2020; doi: 10.1021/acs.nanolett.0c03453)
Quelle: University of California – Santa Cruz