Geisterabdruck eines verschwundenen Sees: Dort, wo sich heute dieser Flickenteppich aus Feldern erstreckt, lag bis vor knapp 200 Jahren der größte Binnensee Mittelitaliens, der Lago Fucino. Sein Umriss ist in dieser Infrarotaufnahme in der unregelmäßigen Form der heute landwirtschaftlich genutzten Senke zu erkennen.
Der Lago Fucino umfasst noch zu Zeiten der Römer 155 Quadratkilometer groß. Er lag südlich der Stadt Avezzano in einer von den Abruzzen umgebenen Senke. Am Ufer dieses Sees lag unter anderem das antike Marruvium, die Hauptstadt des italienischen Stammes der Marser. Der fischreiche See und die fruchtbaren Böden des ihn umgebenden Schwemmlandes sorgten für reichlich Nahrung.
Allerdings hatte der Lago Fucino auch eine Schattenseite: Der sumpfige, von keinem natürlichen Abfluss entwässerte See, löste immer wieder Überschwemmungen aus. Schon Julius Cäsar soll daher vorgehabt haben, den See trockenzulegen, was aber damals noch nicht geschah. Gehandelt wurde erst, als sich im 19. Jahrhundert herausstellte, dass der See auch eine Brutstätte für Malaria-übertragende Stechmücken ist.
1862 beauftragte der römische Bankier Alessandro Torlonia einen Schweizer Ingenieur mit der nicht einfachen Aufgabe, den damals drittgrößten See Italiens trockenzulegen. Zu diesem Zweck wurde ein 6,3 Kilometer langer und 21 Meter breiter Entwässerungskanal gebaut, über den das Wasser abgeleitet wurde. 1875 war der See komplett trocken und der fruchtbare Boden der Senke wird seither für die Landwirtschaft genutzt.
Diese Falschfarben-Aufnahme des ESA-Satelliten Sentinel-2A zeigt in ihren verschiedenen Rottönen den Zustand der Vegetation und ihren Chlorophyllgehalt in der Fucino-Senke. Je heller und intensiver das Rot, desto fotosynthetisch aktiver sind die dort wachsenden Pflanzen. Waagerecht in der Mitte ist ein Entwässerungskanal sichtbar. Die Begrenzung des ehemaligen Seegebiets zeichnet sich bis heute als unregelmäßige Außengrenze der Senke ab.