Diese filigranen Strukturen aus schillerndem Grün, Gelb und Violett sehen auf den ersten Blick wie ein modernes Kunstwerk aus, sind aber in Wirklichkeit verdrehte Froschgedärme. Sie helfen Wissenschaftlern dabei, Menschen mit einer sogenannten Malrotation zu helfen – einem Geburtsdefekt, bei dem sich der Darm während der Entwicklung nicht richtig gedreht hat. Nun könnte ein Durchbruch bei der Ursachenklärung nahen.
Einer von rund 500 Menschen kommt mit einer sogenannten Malrotation auf die Welt. Sein Darm hat sich während der Entwicklung nicht richtig gedreht und liegt nun nicht in den typischen Schleifen und Kurven in seinem Unterbauch. Eine Malrotation kann bei Neugeborenen zu Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen führen. Im schlimmsten Fall ist der Darm sogar so verdreht, dass die Blutzufuhr an einer Stelle komplett unterbrochen wird und eine Not-Operation nötig ist. Um Menschen mit Malrotation besser zu helfen, müsste man allerdings wissen, wie die Anomalie entsteht, doch das ist noch weitgehend unbekannt.
Wie der Frosch so der Mensch
Forschende um Julia Grzymkowski von der North Carolina State University haben nun womöglich einen Weg gefunden, den Ursachen der Malrotation auf den Grund zu gehen, und zwar mithilfe von Fröschen. „Als Wirbeltiere haben Frösche und Menschen einen gemeinsamen Vorfahren und weisen viele ähnliche anatomische Merkmale auf, einschließlich eines Darms, der sich gegen den Uhrzeigersinn dreht“, erklärt Seniorautorin Nanette Nascone-Yoder, ebenfalls von der North Carolina State University.
„Da Froschembryonen sich in nur wenigen Tagen entwickeln und experimentell sehr gut zugänglich sind, können wir mit ihnen schnell neue Hypothesen darüber testen, wie und warum die Entwicklung während der Malrotation schief läuft“, so die Forscherin weiter. Grzymkowski und ihre Kollegen testeten unter anderem, wie verschiedene Medikamente und Umweltchemikalien die Entwicklung des Froschdarms beeinflussen. Dazu betrachteten sie auch Gewebequerschnitte wie den obigen und färbten dafür die verschiedenen Zellbestandteile ein. Grün visualisiert zum Beispiel die Zellmembranen, Blau die Zellkerne.
Umweltgifte im Verdacht
Und tatsächlich: Grzymkowski und ihr Team konnten eine Substanz finden, die Malrotationen zu verursachen schien. Das Herbizid Atrazin erhöhte die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Froschdärme sich während der Entwicklung auf einmal in die falsche Richtung drehten. Das gelang dem Atrazin offenbar, indem es den Stoffwechsel in den Froschembryonen störte und dadurch jene Zellen beim Wachsen und Teilen behinderte, die sonst die richtige Dehnung und Drehung des Darms bewirken, wie weitere Untersuchungen ergaben.
Das bedeutet aber nicht, dass Atrazin auch beim Menschen ursächlich für die Malrotation ist. Denn wenn wir mit dem Herbizid in Kontakt kommen, dann in einer deutlich niedrigeren Konzentration als die Frösche im Experiment. Aber was auch immer die Malrotation beim Menschen auslöst – die Bandbreite an Möglichkeiten reicht von Chemikalien bis zu genetischen Mutationen – dürfte zumindest eine ähnliche Wirkweise wie das Atrazin bei Fröschen haben, so die Forschenden.
Damit ist das Team der Ursachenklärung von Malrotationen bereits einen großen Schritt nähergekommen. „Wir beginnen nun, die zellulären Vorgänge zu erforschen, die den komplizierten Prozess der Darmverlängerung und -drehung koordinieren“, kündigt Nascone-Yoder die nächste Phase der Forschung an. (Development, 2024; doi: 10.1242/dev.202020)
Quelle: The Company of Biologists