Einzigartige Einblicke: Diese Zusammenstellung zeigt die farbenprächtigen, detailreichen Aufnahmen von gleich 19 Spiralgalaxien – selbst Astronomen haben diese Galaxien so noch nicht gesehen. Die scharfen Infrarot-Optiken des James-Webb-Teleskops enthüllen ganz neue Details zu galaktischen Blasen, Filamenten und Sternenwiegen in diesen Sternenspiralen.
Das Ende 2021 gestartete James-Webb-Weltraumteleskop hat schon mit seinen ersten Aufnahmen alle Erwartungen übertroffen: Die scharfen Infrarotkameras und -spektroskope des Teleskops haben weiter ins All hinausgeblickt als jedes Teleskop vor ihm und einige der frühesten Galaxien und Großstrukturen des Kosmos enthüllt. Auch erste Einblicke in die Atmosphären naher Exoplaneten und ganz neue Ansichten der Planeten und Monde unseres eigenen Sonnensystems verdanken wir ihm.
Spiralgalaxien in neuem Licht
Ebenfalls zum Programm des James-Webb-Teleskops gehört die Erforschung von Spiralgalaxien – dem häufigsten Typ von Galaxien, dem auch unsere Milchstraße angehört. Nur das JWST verfügt über die Fähigkeit, detaillierte Bilder von nahen Galaxien in einer Kombination aus Nah- und Mittelinfrarotlicht zu liefern. Im Rahmen der Forschungskollaboration PHANGS (Physics at High Angular resolution in Nearby GalaxieS) versuchen Astronomen weltweit, die Strukturen solcher Sternansammlungen und ihre Entwicklung besser zu verstehen.
Jetzt haben Astronomen der PHANGS-Kollaboration neue Webb-Aufnahmen von Spiralgalaxien veröffentlicht. Diese Collage zeigt die 19 neuen Galaxienaufnahmen im Überblick. „Die neuen Webb-Bilder sind außergewöhnlich“, sagt Janice Lee vom Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore. „Sie sind selbst für diejenigen Forscher überwältigend, die sich seit Jahrzehnten mit Galaxien beschäftigen. Sie zeigen Details von Blasen und Filamenten bis in die kleinsten jemals beobachteten Größenordnungen und erzählen vom Zyklus der Sternentstehung.“
Blaue Sterne, rotes Gas
In Blautönen erscheinen in diesen Aufnahmen Millionen von Sternen, die die Near-Infrared Camera (NIRCam) des JWST eingefangen hat. Einige davon sind in den Spiralarmen verteilt, andere liegen in Sternhaufen dicht beieinander. Weil Galaxien von innen nach außen wachsen, beginnt die Sternentstehung im Zentrum und breitet sich entlang ihrer Arme spiralförmig aus. Deshalb dominieren im Herzen dieser Galaxien ältere, blau erscheinende Sterne.
In rötlichen Farbtönen erscheinen dagegen Staub und Gas, die vom Mid-Infrared Instrument (MIRI) des Teleskops abgebildet wurden. „Diese Strukturen neigen dazu, in bestimmten Teilen der Galaxien dem gleichen Muster zu folgen“, erklärt Erik Rosolowsky vn der der University of Alberta. „Ihre Abstände sagen uns viel darüber, wie eine Galaxie ihr Gas und ihren Staub verteilt.“
Ebenfalls in orangerot werden junge Sterne sichtbar, die noch von Gas und Staub umhüllt sind. Sie ziehen noch Material an sich, um zum fertigen Stern heranzuwachsen. Diese Jungsterne erscheinen wie helle, rote Perlen an den Spitzen der staubigen Kuppen. „Hier finden wir die jüngsten, massereichsten Sterne in den Galaxien“, sagt Rosolowsky.
Löcher, Staub und Beugungsstrahlen
Die Aufnahmen des James-Webb-Teleskops zeigen aber auch große, kugelrunde Löcher im Gas und Staub der Spiralgalaxien. „Diese Hohlräume könnten von einem oder mehreren explodierten Sternen stammen, die riesige Löcher in das Material zwischen den Sternen gerissen haben“, erklärt Adam Leroy vom der Ohio State University. „Wir sehen diese Spuren nun auf den Bildern des JWST.“ Die Erforschung dieser Strukturen wird entscheidende Erkenntnisse darüber liefern, wie Galaxien Sternentstehung einleiten, aufrechterhalten und unterbinden.
Einige der abgebildeten Galaxienkerne sind von rosa-roten Beugungsstrahlen durchsetzt. Diese entstehen, wenn Licht von hellen und kompakten Objekten in die Optiken des Teleskops eintreten. „Das ist ein klares Zeichen für ein aktives supermassereiches schwarzes Loch“, erklärt Eva Schinnerer vom Max-Planck-Institut für Astronomie. „Oder die Sternhaufen im Zentrum sind so hell, dass sie diesen Bereich des Detektors gesättigt haben.“
Zusammen mit der zügigen Veröffentlichung der Bilder hat das PHANGS-Team auch den bisher größten Katalog von rund 100.000 Sternhaufen herausgegeben. „Die schiere Zahl an Auswertungen, die mit diesen Bildern möglich sind, übersteigt bei Weitem die Fähigkeiten unseres Teams“, betont Rosolowsky. „Wir freuen uns daher, die Forschergemeinschaft zu unterstützen, damit alle, die möchten, einen Beitrag leisten können.“
Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie